Künstler, der so edlen
Zielen zustrebt, die
Fehler aufzuweisen, je-
doch wenn die Kritik
nur Würdigung wäre,
so wäre sie für die
Sache wertlos, der sie
dienen soll. Das bri-
tische Publikum aller-
dings liebt ein soge-
nanntes „feines Bild".
Es fordert vor allem,
daß es gefühlvoll sei,
dekorativ und hübsch
aussehe und reich an
Einzelheiten. Auf wahr-
heitsgetreue Malweise
legt es wenig Wert,
denn es sagt: „Ein Bild
müsse viel Phantasie
aufweisen, um ein rich-
tiges Bild zu sein. Der
Künstler zeige seine
Empfindungsgabe, auf
Wahrheitstreue und
Realismus komme es
dabei weniger an." Der
Realismus ist in Eng-
land immer noch mißliebig und wird von Vielen als eine von auswärts im-
portierte, fremde Ketzerei betrachtet. Der britische Geist hegt gegen die
Lehren modern-fremder Schulen überhaupt ein gewisses Mißtrauen, um nicht
zu sagen eine gelinde Abneigung.
Sonderbar und einseitig sind die Würdigungen der Kunst hierzulande und
dies erklärt den Umstand, daß jahraus, jahrein die geduldige Menge ohne
Murren die Räume der Royal Academy bevölkert, nur um immer wieder das
zu sehen, was sie schon so und so oft geschaut hat. Nur nebenbei erwähne ich
die kürzliche Äußerung eines sehr talentierten Malers, der regelmäßig in der
Akademie ausstellt. Der Stil seiner Bilder ist in Bezug auf Komposition und
Behandlung so eintönig, daß man nicht auf den Gedanken kommt, daß er
wirklich so viel Erfindungskraft besitzt. Derselbe bemerkte ungefähr folgendes:
„Das Publikum möchte stets wissen, was es von einem Maler zu erwarten
hat, und liebt es daher, dessen Individualität in einem bestimmten Werke
deutlich ausgedrückt zu sehen, um sie an allen seinen anderen Schöpfungen
sofort erkennen zu können." Derartige Erkenntnis ist aber sehr verführerisch
George Frederick Watts, Amor, der Liebesfischer