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zu geraten, ja sie mit wunderbarem Geschick in Vorteile umzuwandeln, in
glänzendem Lichte gezeigt. Hier, wo wir die Beispiele vor uns haben,
begreifen wir es, daß die Zeitgenossen Böttgers mit Bewunderung von der
Beweglichkeit seines Geistes sprachen, daß der König das Vertrauen zu
diesem Manne nie verlor und daß Steinbrück von ihm sagen konnte, er sei
ein Mensch „wie er höchstens nur alle hundert Jahre vorkäme". Da es in
Dresden an geschickten Töpfern und Modelleuren fehlte, wandte sich Böttger
an einen Goldschmied, um geeignete Modelle für das neue Material zu er-
halten. Der Hofgoldschmied Irminger war es, der geeignete Objekte zuerst
in Silber oder Kupfer ausführte, um sie dann in rotem Steinzeug zu verviel-
fältigen. Die reiche Prolilierung sowie die
scharfen Kanten gelangen in dem neuen
Material vorzüglich. Manchen Formen
sieht man das Goldschmiedemodell deut-
lich an, so den Leuchtern, gewissen
Zuckerdosen und verschiedenen Detail-
formen, wie zum Beispiel den reich pro-
iilierten Deckelknöpfen. Seine höchste
Veredlung erhielt aber das rote Stein-
zeug durch Schleifen und Gravieren. Das
Eingravieren von Ornamenten nannten
die Glasarbeiter „schneidenß das Schlei-
fen von Facetten „muschelnü Das
Schneiden und Muscheln fand ganz in
derselben Weise statt wie bei den
gleichzeitigen Glaspokalen, Bechern und
Krügen und wurde auch beim Steinzeug
hauptsächlich durch böhmische Glas-
arbeiter besorgt. In den Jahren 17m und
I7 x x wurden zehn bis zwölf Glasschleifer
für das Steinzeug von der Manufaktur
beschäftigt; im Jahre 1712 standen schon xg, wovon drei in Meißen, sechs in
Dresden und zehn in Böhmen, in Diensten der Fabrik.
Eine andere Gattung roten Steinzeugs entstand durch Anwendung einer
schwarzen Glasur, die Böttger schon zu Beginn des Jahres 17m mittels
Zutaten von Kobalt oder Braunstein herzustellen verstanden hatte. Mit
dieser Glasur ließ Böttger vornehmlich jenes Steinzeug überziehen, das
infolge eines geringeren Brandes porös geblieben war. Solche glasierte Ware
war innen und außen und selbst am Boden mit Glasur überzogen, so daß es
beim Brande an seiner Basis festbuk und gewaltsam weggerissen werden
mußte. Die Formengebung dieses glasierten Steinzeugs hielt sich an Delfter
Vorbilder. Hiebei kam oft auch bunte Lackmalerei sowie Golddekor in Ver-
wendung. Eine weitere Verzierungsart glasierten Steinzeugs war der Oma-
mentschnitt, der die rote Farbe des Scherbens auf dem dunklen Grund
Böttger-Steinzeug, geschnitten