MAK

Volltext: Monatszeitschrift XII (1909 / Heft 11)

mit weißbuschigen Chrysanthemen, dazu als voller Akkord das satte Blau und Gelb der 
japanischen Stickerei. 
Als ein Muster ruhigen Maßes erwies sich das Dürer-Haus, das aus seinem An-' 
schauungs- und Zeichenvorlagematerial eine Auslesegnippe komponierte in einem Raum- 
rahmen aus leinenbespannten Wänden, um die sich ein Fries aus den kleinen Schaukästen 
mit präparierten Blättern zog, an denen Drucke und Steinzeichnungen hingen. Eine 
gute Idee hatte Burchard, als er in seinem Kognakfenster lagermäßig die Originalkisten 
aufstapelte mit den eingebrannten edlen Familiennamen der Meukow und Hennesy und 
als ahnenstolzesten den Napoleon von 18m. Bewunderungswürdig war auch das Gemüse- 
Stilleben in seiner farbigen Pracht, das die Erinnerung an die Schautische der Pariser 
Restaurants erweckte. Wie gering aber trotz solcher hervorragenden Leistung die Unter- 
schiedserkenntnis vom Guten und Bösen sein muß, das offenbarte die Bekrönung der 
Gemüsetrophäe: ein samtbezogenes Brett mit einer gläsernen Weintraube darauf als 
Beleuchtungskörper. Das ist kümmerlichster Atrappenstil und verpfuscht die Geschmacks- 
wirkung vollständig. 
Die Geschmacksqualität des Schaufensterregisseurs bestätigt sich natürlich beson- 
ders bei der Auslage spröder Objekte, zum Beispiel Stiefel und Schuhe. 
Und gerade für diesen Warenzweig fanden sich treffliche Lösungen von der Firma 
Jacoby, die eine Raumumrahmung von der Farbe des braunen und grauen Wildleders 
fand, und hervorragend war die Komposition August Endells für die Salamanderfabrik. Er 
schafft diskrete Bühnen von geringer Tiefe für Auslese, nicht für Fülle. Den Hintergrund 
bilden farbig sehr fein getönte Kretonne-Vorhänge oder hellrnaserige l-lolzwände mit 
dunkleren Intarsiavignetten nach krausen Tiefseemotiven. Nur in Paneelhöhe ist dies 
geführt, darüber ist quadratisch gefelderte Facettenverglasung und damit korrespon- 
dierend ist der obere Teil der Schaufenstervorderscheibe mit Opaleszentglas abgeblendet, 
in das Medaillonvignetten aus Salamandern in koloristischer Glasinkrustation eingelassen 
sind. Die Stiefel selbst stehen auf Matten- und Holzboden und exponiertere Stücke auf 
schmalen stoffüberhangenen Sockeln. 
Ein Fenster, das übrigens nicht am Wettbewerb teilnahm, hat einen Charakter ganz 
für sich: das des Ladens für Friedhofskunst in der Potsdamerstraße. Seine Frontscheibe 
wird eingefaßt von einer Umrahmung aus Steinplatten: Basis Rustika, Pfosten mit leicht 
angedeutetem Reliefzierat, und hinter dem Glas steht aus Muschelkalk ein Plattenstein mit 
Urne in grünem Heckengesträuch. 
Die preußischen Städte schenken dem Kroriprinzenpaar Tafelsilber und der Auftrag 
hierzu wurde dem jungen Goldschmied Lettre erteilt. Das ist ein erfreuliches Zeichen, 
dal] hier nicht an die großen Hoflieferantenfirrnen gedacht wurde, sondern an einen still 
für sich arbeitenden künstlerischen Menschen. 
Emil Lettre ist wie Lalique und Jean Darnpt in Paris, wie Fordham in London ein 
Gläubiger der Morris-Nachfolge. Im Geist und Wesen der alten Handwerksmeister will er 
schaüen; im Hof eines alten Berliner Patrizierhauses mit Efeugerank an den Wänden 
hat er sich sein Studio eingerichtet und auf der Morris-Tapete hängt wie einWahrzeichen 
der hier gepflegten Art und Kunst das Sebaldusgrab. Messe! und Ludwig Hoffmann haben 
Lettre gefördert und sie haben wohl auch die Wege für den in Preußen so spröden Zugang 
ins offizielle Reich gebahnt. 
Dieser Edelschmied schafft aus dem Material heraus mit einem wachen Sinn für 
die lebendige Schönheit des Metalls. Er lockt sie mit leichtem tanzenden Hammerschlag 
aus der Fläche heraus. Und die Wandungen seiner Geräte aus Silber, das er hochgehaltig 
nimmt, nicht 800, sondern 925, spannen und strecken sich nervig vibrierend wie eine 
Haut. Den Feingehalt wählt er so hoch als möglich, auch beim Gold, aber die Dimensionen
	        
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