überragt. Die Kachel ist 47 Zentimeter hoch, die
in Anwendung gekommenen Farben sind Blau,
Grün, Ockergelb und Manganbraun. Für die
Datierung der Kachel ist das Kostüm der frei
modellierten Figur von entscheidender Wichtig-
keit. Es gehört unzweifelhaft dem Anfange des
XVI. Jahrhunderts an. Das Kleid ist
vorne auf der Brust tief ausgeschnitten,
die zweimal gepufften Ärmel sind ge-
schlitzt, auch am Ellenbogen befindet
sich ein Schlitz, durchweg charakteri-
stische Kennzeichen der Tracht im XVI.
Jahrhundert; während die turbanartige
Kopfbedeckung und die Länge der
Ärmel, die einen bis an die Finger
reichenden Latzfortsatz haben, aus der
vorangegangenen
Periode herüber-
genommen sind,
wir also Über-
gangsformen vor
uns haben. Die
Annahme, daß die
Kachel aus den
Hostienbüchse mit omamentiertem Lederbezug, italienisch. Anfang des ersten Dezennien
XVX. Jahrhunderts des Jahr-
hunderts und nicht etwa aus noch späterer Zeit stammt, wird bestärkt durch die
Tracht der Schildhalterin an der zweiten aus der Sammlung Lanna stammen-
den, jetzt im Wiener Privatbesitz befindlichen Eckkachel, die der Tracht des
XV. Jahrhunderts noch sehr nahe steht. Im Widerspruch zu dieser Datierung
stehen die Kacheln selbst, deren figuraler Schmuck und deren gotische
Details nach stilistischen Kriterien eher dem Anfang als dem Ende des
XV. Jahrhunderts angehören. Demzufolge liegt die Vermutung nahe, daß
wir spätere Ausformungen älterer Modelle vor uns haben, zu denen die
speziellen Zutaten der Eckkacheln, die Wappen mit ihrem figürlichen Schmuck
hinzugekommen sind. In der Annahme, daß wir an den meisten noch erhaltenen
Kacheln dieses Ofens späte Ausformungen vor uns haben, werden wir noch
durch den Umstand bestärkt, daß eine von den vier sogenannten Kacheln
von SanktStephan, die bereits seit längerer Zeit im Besitze des Österreichischen
Museums sind, allem Anscheine nach eine der älteren Ausformungen
repräsentiert. Es ist die bei Walcher auf Tafel II rechts unten abgebildete
Kachel mit der Vertreibung aus dem Paradiesef" Dieses Stück zeigt, während
"' Beiträge zur älteren Geschichte des Hafnergewerbes in Wien und Niederösterreich (Kunst und Kunst-
handwerk, VIII. Jahrgang, Seite 553).