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der Angelegenheit gemacht wurden, nicht die Rede. Nicht absolut zwingende
Notwendigkeiten gaben die Veranlassung zu einer Wohnungsreform, nicht
der fühlbare Mangel an Wohnungen gegenüber dem steigenden Mehrbedarf.
Die wie überall sonst eingetretenen Zustände: übermäßige Preise und gering-
wertige Beschaffenheit der der arbeitenden Bevölkerung zur Verfügung stehen-
denWohnungen gaben den Anstoß. Nicht bloß die Vermehrung der disponiblen
Unterkunftsmöglichkeiten wurde angestrebt, sondern vor allem Verbesserung
des Wohnwesens der in Frage kommenden Einwohnerkategorie bezweckt.
In den noch heute vielfach bestehenden, längs der mittelalterlichen Umwal-
lung sich hinziehenden „Soldatenhäuschen", wo zu frei-reichsstädtischer Zeit
Ulms Krieger hausten (Abb. 3 und 4), waren schon aus weit zurück-
liegender Zeit Beispiele vom Kleinwohnhausbau gegeben. Eine sehr schmale
Abb. m. Gemeinnützige Bauuntemehmung der Stadt Ulm. Einfamilien-Dappelhäuser, Römerstraßen-Quartier.
Architekt: Reg-Baumeister Holch. Preis pro Haus samt Garten 690a und 7000 Mark
Küche, daran anstoßend ein größeres Zimmer und, auf halsbrecherischer
Treppenleiter zugänglich, eine Dachkammer, das ist noch heute, was diese
sehr kleinen I-Iäuser enthalten; mehrere zusammen besitzen einen nicht im
Hause befindlichen Abort. Auf solch mäßiges Bauprogramm konnte man
natürlich nicht zurückkommen. Ein bescheidener, im Jahre 1888 gemachter
Anfang ließ zunächst ein größeres Gebäude mit drei Stockwerken, in denen
21 Wohnungen zu drei und zwei Zimmern untergebracht sind, entstehen.
Die niedrigste Preisgrenze pro Jahr betrug 190, die obere 230 Mark. Obschon
die Wohnungen an sich, schon was ihre Dimensionen betrifft, weit besser
waren, als was der Wohnungsmarkt in dieser Preislage gewöhnlich zu
bieten vermag, stellte sich das Unterbringen so vieler Parteien unter einem
Dache als etwas durchaus Ungünstiges heraus. Die holde Weiblichkeit über-
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