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Form. Form mit Farbe auszudrücken, statt Zufälligkeit groß vereinfachte gültige Gestaltung
zu geben, das lockt dies neue Geschlecht.
Und ein Dokument dafür stellt sich in dem Hauptbild dieser Ausstellung dar, in
Ferdinand Hodlers Wandgemälde für die Universität in Jena. Sein Thema ist der Auf-
bruch der Jenenser Studenten in den Freiheitskrieg x8x3. Ein monumentales Wandbild,
wuchtig, geschlossen und voll erhabener Einfachheit. Durch die natürlichen Mittel der
Bewegung und der Stellung wird die Fläche gegliedert, der Raum rhythmisch erfüllt.
Horizontal durchschnitten ist das Bild. Die obere Hälfte, ein Fries, zeigt auf dem
Hintergrund einer in lichten Farben angedeuteten Hügellandscbaft die ausmarschierenden
Kolonnen. An Reliefs erinnert das, voll Ruhe in der Bewegung und voll einer unendlichen
Melodie.
Die untere Hälfte beherrscht ein erregteres Vivacetempo. Aufbruch-Situationen
geben das Motiv. Und die Stimmung ist: Wohlauf Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd, ins
Feld, in die Freiheit gezogen.
Durch das Quartett der vier Rosse und der vier jugendlichen Krieger bekommt die
Basis eine schwingende Gliederung. Der eine steigt zu Pferd, der andere schnallt den
Tornister auf, der dritte fährt in den Waffenrock, der vierte mit dem bloßen Säbel blickt
_ so fühlt man _ ins Morgenrot.
Aus diesen organisch wie von selbst zusammengefigten Gruppen, die sich von dem
wie unaufhaltsam schreitenden Reihen des Obergrunds abheben, kommt ein echtes
natürliches Pathos. Die Farbe voll starkem freudigen Klang erweckt die Stimmung von
Frühschein - die bange Nacht ist nun herum - und neuem Tag und heller Tat und froh-
mutiger Entschlossenheit. Und all' diese Gefühlswerte werden hier _ darin liegt eben die
Qualität ä puritanisch streng durch rein malerische Mittel, fern von allem Genrehaft-
Erzählerischen ausgelöst.
Jede Generation wählt sich ihren Schutzpatron. Die heutige blickt zu Ce'zanne auf.
Von ihm hängt in der Ausstellung ein Figurenbild, eine Komposition nackter
Menschen um den Rand eines Wasserbeckens. Auch hier ist der Reiz, wie durch
Bewegung, durch Körperfiguration der Raum erfüllt wird und der Inhalt des Bildes ist der
Zusammenklang von Luft- und Fleischtönen.
Farbe als Inhalt, ganz abseits vom Stofflichen, lehrt auch das Bild eines andern
Vielverehrten, das Bücherstilleben von Vincent van Gogh. Ein Haufen gelber broschierter
französischer Bände auf einem Tisch. Dies Gelb mit roten Tönen durchsetzt, hat ein so
intensives nuancenreiches Leben, daß es spannt und fesselt.
Lebhaft angeregt von Cezanne wie auch von Gogh zeigt sich E. R. Weiß, der im
weiteren durch seine sicheren Buchausstattungen - die große Hauptmann-Ausgabe des
Verlags Fischer ist von ihm _ bekannt wurde. Hier sieht man weibliche Akte im Freien
und ein Quittenstilleben von einem atmenden Gelb, die dartun, wie empfangene Anregungen
persönlich ausgetragen werden können.
Einen großen Raum nimmt das Porträt ein. Voran steht die Charakteristik des
Geheimrats Rathenau, des Direktors der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft, von
Max Liebermann. Ein Menschenbild voll gesammelter Energie, ein zusammengeballtes
Stück tätigen Lebens, dargestellt in einer Persönlichkeit. Streng und kühl ist das Klima
auf dieser Leinwand, Arbeitsatmosphäre, nüchterner grauer Raum mit hohem Lichtfenster.
Darin ein schlicht hölzerner Tisch, daran, das Gesicht uns zugewandt, der Mann. Aus
diesem graubärtigen, bebrillten Gesicht strömt ein Fluidum von Wille und Schaffens-
leidenschaft, das die frostige Nüchternheit des Raumes atmosphärisch erfüllt. In alle-
gorischen Perioden hätte man die Luü um einen repräsentativen Mann mit den Sinnbildern
seines Lebenswerkes bevölkert. Hier in diesem Männerbild voll herber Sachlichkeit hat
man das Gefühl, daß Pläne, weltumfassende Gedanken ausstrahlend aus diesem Kopf
durch den Raum Ruten: Ihr schwebt, ihr Geister, neben mir . . . - Dann tritt man vor
Kalkreuths Menschen, die alte Dame im Garten und die in der perspektivischen Flucht