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Volltext: Monatszeitschrift XIII (1910 / Heft 2)

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die einen neuen Sieg des Individuums über die Äußerungen eines univer- 
sellen Geistes bedeutet. 
Wir haben es von da an immer mehr mit einzelnen zu tun, die ihr glanz- 
volles Dasein betätigen, und mit Künstlern, die ihnen ihre Meisterschaft 
dienstbar machen wollen. 
Georg Swarzenski schreibt in seiner Einleitung zum zwölften Kapitel: 
„Der unmittelbare Zusammenhang des Kunstgewerbes und der Dekoration mit 
der großen Kunst, wie er bei gleicher Intensität der individuellen künst- 
lerischen Schöpferkraft wohl ohnegleichen steht, gibt dem italienischen 
Kunsthandwerk der Renaissance etwas Hochgespanntes, Anspruchsvolles, 
welches dem gesteigerten Lebensgefühl jener Epoche wohl entsprochen hat. 
Und es ist gerade dieser Zusammenhang des Kunstgewerbes mit der Lebens- 
art, Lebensführung, Lebensanschauung der Menschen jener Zeit, der den 
kunstgewerblichen Erzeugnissen der italienischen Renaissance ihre originelle 
Daseinskraft gibt, während eine äußerliche Nachahmung ihres Stiles unter 
anderenVoraussetzungen, unter anderen Kultur- und Produktionsbedingungen 
ohne weiteres bedenklich erscheinen wird." 
Resultierte in der Renaissanceperiode aus der Anlehnung an die Formen- 
welt der Antike noch eine gewisse Gebundenheit und Reserve, so fiel auch 
diese Schranke für die Äußerung individueller Bedürfnisse in den darauf- 
folgenden Perioden. V 
Die Ausdrucksweise der Barockzeit und des Rokokos entspricht dem 
außerordentlichen Anwachsen der Macht 
und des Einflusses gewisser weltlicher und 
kirchlicher Faktoren, die in den größten 
Dimensionen und durch weitausgreifende 
Dispositionen nach außen zu wirken strebten. 
Das Volk tritt immer mehr in den Hinter- 
grund, gerät in immer größere Abhängigkeit, 
je stärker die Willkür und Prunkliebe der 
Großen dominiert. 
Moriz Dreger sagt zur Charakteristik der 
barocken Formenwelt: 
„Zum Wesen der Barocke gehört gerade, 
daß sie Ruhe und Ausgeglichenheit gar nicht 
will, sondern Lebendigkeit und Unruhe, die 
sich im Rokoko dann bis zur bewußten und 
buchstäblichen Einseitigkeit steigern. Die 
Barocke beruhigt nicht das Gemüt, sondern 
sie zieht es in den wirbelnden Strom ihres 
Lebens, ohne den Geist zur Besinnung 
kommen zu lassen. Die Formen der klas- 
sischen Antike, der Renaissance und des 
 
Stuhl aus geschnitzrem und vergoldeten 
_ _ __ l-lalze, bezogen rnil Tapisserien aus Beau- 
Klassizxsmus kann man auch kuhlen Herzens vais 
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