Dispositionen des Projektes, die Bebauungsweise, Gartenanlagen und die I-Iaustypen bis
einschließlich der inneren Einrichtung der Wohnungen.
Für das Zustandekommen der Ausstellung, welche den propagandistischen Zweck
des Wohnungskongresses kräftigst unterstützte, ist neben vielen anderen zu danken den
Herren: Architekt Berlepsch-Valendäs und Architekt P. A. Hansen-München, Professor
Dr. H. Albrecht-Berlin und Commendatore V. Magaldi-Rom.
ERLINER KÜNSTAÜSSTELLÜNG 1910. Über die Berliner „Große" ge-
wissenhaft einen Catalogue raisonne zu schreiben, wäre eine Mühsal für den Verfasser
und eine Zumutung für den Leser, die sich beide nicht lohnen würden. Hier taugt einzig
die Auslese, das was einem nach der beschwerlichen Durchkreuz- und -querung des ver-
wickelten Bildergeländes im Gedächtnis bleibt.
Es ist nun doch manches besser geworden. So hat dieser offizielle Kunstpalast diesmal
einem einsamen Künstler, der keiner Gruppe zugehört und trotzig kämpferisch sich auf sich
selbst gestellt, jetzt in der Mitte eines an Bitternissen und Feindlichkeiten reichen Lebens
eine Stätte bereitet, so daß er in einer kleinen Sonderausstellung einen Eindruck seiner tiefen
und schönen Landschaftspoesie geben kann - Lesser Ury. Sein Kabinett fesselt am
stärksten. Es bleibe daher bis zum Schluß aufgespart.
Im Park vor dem großen Glasgehäuse hält gleichsam Wacht die große Achilles-Statue
von johannes Götz. In braungoldener Bronze ragt sie, dekorativornamental mit den zise-
lierten Löwenköpfen auf der Kniescheibe der Beinschienen und den kranztragenden Sieges-
göttinnen auf dem Brustpanzer. Zum neuesten Paladin des Kaisers ist der Heros geworben
und als Wahrzeichen soll er auf der höchsten Gartenterrasse des Achilleion sich erheben,
weit übers blaue Griechenmeer leuchtend. Vor Wochen stand ich in Korfu an dieser Stätte.
Zwischen Blütenbüschen war der Marmorsockel errichtet, und gerade meißelten die Stein-
metzen die griechische Inschrift ein. Im Garten, vor allem auf diesem Terrassenrondell,
wird man keine Distanz zu dem sechs Meter hohen Standbild haben, doch den nahenden
Schiffen wird es zwischen Himmel und Wasser schwebend erscheinen. Im grauen Nebel-
norden aber dräut gewaltiger über die See Roland Bismarck.
Aus der Flucht der Säle ein paar Einzeleindrücke: Etwas Massig-Geballtes haben die
Bilder von Leonhard Sandrock. Er liebt die schwärzlich rußigen Motive der Häfen, die
lastende Plastik von Maschinenqualmgewölk, Lokomotiven, das dunkle Drängen von
verräucherten Lastträgem an den Tanks der Kohlenkais. Und er bringt diese Motive -
dem Graphiker Pennell verwandt _ voll Arbeit und Rhythmus, voll dröhnenden Lebens
energisch heraus.
Von Laermanns sieht man auf breite Farbeniiächen hingesetzt eine Gracht; drei
verkrümmte Gestalten schieben sich an ihr hin, Hungerleider mit frierenden Augen; doch
ist es kein Armeleutbild naturalistischer Misere, es ist etwas Mystisches um diese Enterbten.
An Rainer Maria Rilkesche Verse von der heiligen Armut kann man bei diesen Wander-
brüdern denken. Ein anderes Bild ist ganz auf eine fast plakatmäßige koloristische Felderung
angelegt. Zwei Bauern stehen gegen grünen Wiesenstrich, der eine in weißer Hemdjacke,
der andere in dunkelrotem Flaus, und diese Flächenschilderei hebt sich wirkungsvoll von-
einander ab.
Eine weihevolle Zierde der Ausstellung sind die Kartons Puvis de Chavannes zu den
Genoveva-Wandgemälden im Pariser Pantheon. Der Saal ist an seinen Halbrundwänden
mit grünen l-lecken umkleidet und daraus steigen die feierlichen großen Linien dieser
zeichnerischen Dichtung empor. Die heilige Genoveva, die Patronin Lutetias, bringt den
Parisern Lebensmittel, ist der Inhalt. Das ist einfach und groß aufgebaut im Stil einer
antiken Bühnenszenerie. Die Massen sind auf dem lapidaren Hintergrund quadratisch
fugigen'Mauerwerks rhythmisch gegliedert wie ein Chor. Große Gebärde steigt ornamental
aufwärts. Segel der Schiffe füllen die Tiefe. Und die Heilige, spendend, sich neigend, zart
und schlank, gleitet schwebend durch die irdische Schwere.