Eine Sonderausstellung ungarischer Kunst bringt manche interessante Eindrücke.
Franz Paczka entwickelt aus der Ethnographie der Volkstrachten koloristische Geschmacks-
stilleben, wenn er durch einen Torbogen an weißem Gemäuer vorbei einen bunten Schwarm
der Dorfmädchen in den gestickten prangenden Kopftüchern und Schürzen daherfiattern
läßt, oder wenn er auf eine farbige Bauerntruhe zwei schwarzhaarige Mädchen setzt,
die eine in zitronen-, die andere in orangegelbem Umhang über den weißen blumigen
Hemden. Szinjei-Merse hat etwas Kultur-Romantisches, an Somoff erinnernd, wenn er in
seiner Landpartie am grasigen Abhang eine Gruppe in der Tracht der Murgerzeit am Boden
vor einem improvisierten Gedeck gelagert zeigt, Mimi und Musette in weiß und rosa Bausch-
röcken, die Künstler in Samtjacken und das Ganze in eine zärtlich flutende Dämmerungs-
harmonie getaucht. Philipp Laszlo bringt zwei Porträte: ein geistliches, den Bischof Fraknoi,
breit geschnitzt der Kopf, mit herrischem Mund und buschigen Brauen über den vorge-
wölbten Augenhöhlen, und das Weltkind „Röza" mit dem schmalelliptischen Gesicht in der
Nische des brandroten Haares perldurchilochten und dem Smaragd über der bleichen Stirn,
eine etwas vampyrisch arrangierte Beaute du Diable in grünlila Gewand. Ladislaus von
Paal geht auf Fontainebleau-Wegen und malt tiefe, grüne Waldstille, von Sonnenunter-
gangsgluten rot durchHutet.
Ein kapriziös-witziges Pariser Temperament zeigt Rippel-Rönai. In der Art des
Vuillard benutzt er Interieurmotive, zum Beispiel die Kacheln, die hängenden Töpfe einer
Küche, zu einem dekorativen blau-rot-weißen Mosaik. Eine quadratische Pfiastertechnik
hebt das Materielle der Dinge auf und bringt ihr farbiges Spiel zur Erscheinung. Dies spürt
man auch vor dem Bild des Krankenzimmers mit den grün-streitigen Tapeten, roten
Stühlen, dem Weiß der Bettücher und dem scheckigen Kopftuch der Frau. Dann weht
Rönai auch huschig-wischig Strand- und Digue-Szenen hin, in grauer Dünenluft, aus der
rote und gelbe Hüte tauchen. Vom gelben Abhang hebt sich das Gewirr der Zelte und
Sitzkörbe, und im Winde segeln Frauenröcke. Auch das ist unstoiflich wiedergegeben,
ein Schattenspiel. Raffaelli verwandt wirkt das, von dem man in der graphischen Abteilung
eine ganz ähnliche Strandimpression in Schleiertönen und Pizzicato-Rhythmus sehen kann.
Das graphische Bereich bietet noch manches. Von Abel Truchet ein toniges Blatt: ein
steinerner Brückenbogen mit Treppe, schwarz-gelbliche Wasserkringel des Kanals, ein
Gondelphantom. Von Legrand Pariser Croquis: Foyer- und Logenausschnitte, die Garde-
roben der Tänzerinnen mit Spiegelbildern, Balletteusen bei der Arbeit, an der Stange
hängend, die Sohlenschuhe bindend. Figurationsmotive des Duckens und Kauerns, der
offene Mund in dem geschminkten Gesicht beim Färben der Augenbrauen, das wird
frappant herausgebracht. Und das Gegeneinander der schwarzen Flaneurfracks und der
schimmrigen Ballerinenröckchen, das Wirbelwehen der hellen Gestalten aus dem Dunkel
des Bühnenhintergrunds hervor ist voll farbig vehementen Lebens. Willi Geiger hält Stier-
gefechtsmomente fest und schafft mit flackerndem Strich Spannungs- und Erregungs-
fiuidum. Der fiatternde Mantel vor dem Stierkopf, die dunkle Masse des Tore, das Hitzende
Balancez des Espada, das bringt gut das Wesen der Corrida zur Erscheinung, dies Lebens-
und Todesspiel zwischen Gewalt und Grazie.
In einem lichten Kabinett voll gesammelter Stille schwingen dann die Farbenmagien der
beseelten Landschaften Lesser Urys. Die Wunder des Lichts über den Wassern und den
Bergen malt er. Eine dunkle Waldrückenwand zieht sich in Hebung und Senkung und aus
den Kurvenschnitten ihrer Linien glühen Sonnenuntergangswolken des Himmels auf, gelb-
rosa, seidigblau von einem Erröten übergossen. Ein Wasserspiegel ruht und auf ihm
schwimmt der Traum der Himmelslichter. Florige Schimmerbäume weben darüber silbrig-
graues Schleierspiel. Duft und Dunkel wallt samtweich, löst sich Büssig-transparent und
läßt Orchideen- und Falterschmelzfarben erblühen. Rosige Flöre ziehen und Wolken
schweben gleich glückseligen Inseln. Ury bannt auch die stillen Stunden, da die Natur
erlischt: „. . . Wie Todesahnung Därnmrung deckt die Lande! . . ." und die Farben im
Crepuscule ertrinken. Seine Leidenschaft aber sind die Fuoco-Fanfaren der frühen Stunden,