sollte der klare Begriff und
Charakter der Pflanzen fest-
gestellt werden" - wie es in
seinen eigenen prächtigen
Studien geschehen war. Auf
diesem Gebiet liegt auch die
wertvollste Seite seines Wir-
kens als Lehrer; unermüdlich
wies er auf die Natur hin,
ohne seine persönliche Art als
den einzigen Weg zu preisen,
auf dem man sich ihr nähern
konnte. Er fand in Wien eine
Gelegenheit, zu zeigen, wie er
sich auch die Landschaft für
dekorative Zwecke angewen-
det dachte. Baron Albert
Rothschild bestellte für sein
neues Palais in der Heugasse,
bei dem eine Anlehnung an
den Baucharakter der Barock-
zeit maßgebend war, zehn
große Panneaux für eine
Halle (1897). Ribarz machte
eingehende Naturstudien vor-
wiegend zeichnerischer Art in
barocken Park- und Schloßanlagen. Besonders Veitshöchheim beiWürzburg
zog ihn an, aber auch Schloßhof bei Marchegg suchte er öfters auf.
Daß er dann auch von den Gobelins und Wanddekorationen jener Zeit
beeinflußt wurde, lag nahe, und so stehen seine Arbeiten unter stilistischem
Banne. Er ging nur mit Rücksicht auf die Naturbeobachtung weiter wie die
Alten und führte einen Naturalismus ein, der in seinem eigenen Wesen, in
den Anschauungen seiner Entwicklungszeit, in seinen französischen An-
regungen begründet war. Es trat die Periode seines Schaffens ein, in der er
nicht mehr den Bannerträgern neuer Kunstanschauungen angehörte, sondern
jenen ausgereiften Vertretern einer abgeschlossenen Generation, welche den
vorwärtsdrängenden jüngeren Kräften Raum gaben und das Werden neuer
Taten mit Interesse verfolgten. Was seine allmählige Isolierung verschärfte
und wohl auch teilweise verursachte, waren physische Leiden, welche zeit-
weilig die Arbeitskraft lähmten, welche ihn zu immer größer werdenden
Entsagungen zwangen. In einem Briefe an eine seiner Schülerinnen, die ihm
persönlich nahe stand, schrieb er im August 1898:
„ . . . Doch drängt es mich, Ihnen ein Lebenszeichen von uns zu
geben, wenn auch meine Verhältnisse mir nicht mehr erlauben, als einen
Rudolf Ribarz, Schloßganen in Veitshöchheim, 1897
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Seufzer auszustoßenBitte,
stellen Sie sich denselben
vor, aus der innerstenTiefe
eines schwerbedrängten
Menschen kommend . . ."
„Alle großen Pläne im
Kunsttreiben sind mir voll-
ständig unzugänglich und
bin ich heute durch eine
längere Besprechung mit
meinem Arzte zu einer Art
von pensioniertem Künst-
er geworden, was mir lei-
der keine Freude verur-
sachen kann."
Er gab nur seine Lehr-
tätigkeit gänzlich auf, aber
nicht das künstlerische
Schaffen. Ja seine Produk-
tivität wuchs sogar in sei-
ner allerletzten Zeit. Im
Jahre 1897 hatte er im
Künstlerhause noch in
großer Rüstigkeit erfolg-
Yeich eineKünektivausstek Rudolf Ribarz, Straße in Hall (Oberösterreich), 1904
lung veranstaltet, in der er
an seine frühere Tätigkeit anknüpfte. Als er mehrere Jahre später (1901) in
einem neuen Kunstsalon gleichzeitig mit Leistikow einige Zimmer füllte, war
vorwiegend der letzte Teil seiner Arbeiten vertreten und wer den schwer
Leidenden kannte, war erstaunt, die Kraft zu sehen, über welche er noch
verfügte. Ja in seinem letzten Sommer (1904) war eine Energie und ein Tem-
perament in manchen Bildern, das die Unsicherheit der Hand vollkommen
vergessen machte. Aus Bad Hall und aus Sierning sind solche Arbeiten vor-
handen, die wohl anders als die französischen, aber in ihrer Art merkwürdig
frisch und kühn anmuten.
Er empfand dies selbst und äußerte sich erfreut in seinen Briefen. So
schrieb er noch im August 1904: „Ich male jetzt mit einem so frischen
Temperament vor der Natur oder auch zu Hause an einer heimgebrachten
Arbeit, ganz ohne Ermüdung und mit einer so reinen Freude, wie ich sie
als schwerlebiger Charakter nicht in der Jugend empfunden habe."
An einer anderen Briefstelle freut er sich über sein merkwürdiges
Gedächtnis für die Natur, das ihm gestattet, unfertige Arbeiten auswendig
zu vollenden. Er wußte nicht, daß dieses letzte Aufleuchten seiner einstigen
Kraft ein Symptom seiner Krankheit war, die nun rasch einen bösartigen