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Volltext: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 4)

gestattete Publikation von zwei illustrativen Bänden mit x20, zum Teil in 
Farben ausgeführten Foliotafeln und einem Textbandf Die Tafelbände bringen 
das gesamte vorhandene Material in seinen historisch wichtigsten und tech- 
nisch wertvollsten Repräsentanten, der Textband die erste wissenschaftliche 
Bearbeitung des großen Stoffes. Die hier niedergelegten Ergebnisse gewissen- 
hafter und liebevoller Forschung berechtigen uns zu dem stolzen Bewußt- 
sein, daß unter allen Staaten Österreich heute am eingehendsten über das 
Wesen seiner volkstümlichen Kunstäußerungen und über die Geschichte 
ihrer Schöpfungen unterrichtet erscheint. 
Direktor Haberlandt beginnt seine Ausführungen mit einer allgemeinen 
Charakteristik der Kunst des Volkes, bespricht ihre besonderen Züge und 
wendet sich dann eingehend der ältesten Technik, der textilen Kunst, den 
Arbeiten des weiblichen Teiles der Bevölkerung zu. Wieviel Adel der Ge- 
sinnung dem leider oft minder bewerteten Landvolke innewohnt, ersehen 
wir daraus, daß es textile Arbeiten nicht lediglich der Ausschmückung seiner 
Tracht und häuslichen Bedürfnissen, sondern auch Vaterländischen Zwecken 
und der Kirche widmete. Dabei wird an ein und denselben Motiven fest- 
gehalten, unter welchen die heilige Jungfrau, das Christuskind und die Dar- 
stellung der Kreuzigung den streng religiösen Sinn, die Vorliebe für Pflanzen, 
Vögel und Tiere den innigen Verkehr mit der freien Natur und die am 
häufigsten auftretende Verwendung des kaiserlichen Adlers die patrioti- 
schen Gesinnungen unseres Landvolkes bezeugen _ ob nun die Arbeiten 
in Stickereien, Geweben oder Spitzen bestehen. Eine eigene, noch wenig 
bekannte Gruppe reiht der Verfasser in den ruthenischen Perlarbeiten Ost- 
galiziens und der Bukowina an. Es sind größtenteils schmale Bänder, als 
Zierde für den Hals der Mädchen oder für die Hüte der Burschen bestimmt, 
ein durch Aneinanderreihen verschiedenfarbiger Glasperlen zu abwechslungs- 
reichen Mustern kombinierter, ungemein reizvoller Schmuck. Im Gegensatz 
zur deutschen Bevölkerung bevorzugen die Slawen - sowohl im Norden 
als auch im Süden des Landes - geometrische Ornamentmotive bei ihren 
sämtlichen textilen Arbeiten. (Vergl. die Farbentafel.) 
Den gleichen Umfang an Illustrationsmaterial und historischen For- 
schungen widmet das Werk einem zweiten technischen Gebiet hohen Alters, 
dern der Töpferei und Hafnerkunst. Hier erscheint für Österreich der wissen- 
schaftliche Vorsprung gegenüber andern Ländern ganz bedeutend. Nahezu 
sämtliche Betriebe volkstümlicher Keramik sind insoweit aufgeklärt, als alle 
auch in I-Iinkunft auftretenden Objekte ihre Einteilung in eine der von Haber- 
landt festgestellten Gruppen finden müssen. Interessante Auflalärungen finden 
wir im Abschnitt über die Habaner Fayencen, über die Gefäßkeramik mehrerer 
an der alten Römerstraße gelegenen Betriebsorte bei Wiener-Neustadt und 
über die ruthenischen Bauernmajoliken aus Kossöw. Letztere zählen zu den 
historisch bemerkenswertesten Erzeugnissen- bäuerlicher Hafnerkunst, weil 
sie die aus der Renaissance übernommene Farbenkombination von grüner 
9-: Österreichische Volkskunst, Wien xgxr. Im Verlag der Kunstanstalt j. Löwy.
	        
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