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Volltext: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 6 und 7)

Jeanne d'Evreux von 133g, zeigt 
die einfache Vertiefung der Falten- 
linien, die den Charakter des älte- 
sten datierbaren Stückes, des um 
1290 gefertigten Kelches in Assisi 
bedingen. Den Gegensatz, der durch 
subtilstes Flachrelief erreicht wird, 
bildet das um 1450 anzusetzende 
Kreuz des Pollajuolo, dem wir in 
Figur x6 ein Stück bei Figdor substi- 
tuieren. Technisch und zeitlich fast 
in der Mitte steht Figur 15 vom 
Reliquiar San Savino in Orvieto. 
Entwicklungsgeschichtlich be- 
trachtet ist das Email auf Tiefschnitt 
eine Fortsetzung und eine VerfeL Figur x7. NanGr. Vorderseite (Sammlung Figdor) 
nerung des Grubenschmelzes, und kein wichtiges Denkmal zeigt es deutlicher 
als die Emails am Sockel der Madonna der Königin Jeanne düävreux. 
Da die ältesten Denkmäler in Italien vorkommen, scheint dieses Email der 
italienische Ausdruck des in Deutschland und Frankreich im Grubenschmelz 
niedergelegten Kunstwollens zu sein. Daß die Technik schon sehr früh von 
Italien an den Oberrhein gelangt ist, schließt man aus einem Reliquiar des 
beginnenden XIV. Jahrhunderts, welches auf Speier und das Kloster Lichten- 
thal in Baden weist. Zwingend kann man aber nicht beweisen, daß es eine 
deutsche Arbeit ist. Ebenso kann man es von zwei Marienfiguren kölnischen 
Charakters, der einen im British-, der anderen im Victoria and Albert Museum 
zu London, nur dem Stile nach behaupten. In die offene Lücke tritt ein Fig- 
dorsches Medaillon ein, denn es trägt eine deutsche Inschrift. Auf der Vorder- 
seite, Farbentafel I und Figur I7, steht Maria, das Kind auf dem Arm, das 
etwa in der Weise wie auf der Maria mit der Erbsenblüte in Köln nach dem 
Gesicht der Mutter greift. Sie ist von vier Engeln umgeben, welche vier 
Spruchbänder in den Händen halten: 
FROV - SHIITT - YIZHRIH - ICh - BIT] er DICh  DlIRCh - DER - GHGGL - GG i SHIIG - 
IIIIAH - DES - DICI: - DER [ +1 RITTER - BIT - VDI) - GR-SIIT-IIIT 
Diese Lesung ist nicht ganz entsprechend, denn der erste Buchstabe, 
den ich als Fnehme, ist zweifellos ein A, aber es wäre nicht das erste Mal, daß 
sich ein mittelalterlicher Goldschmied bei Wiedergabe einer Inschrift geirrt 
hätte, und auch der Maler Krodel, dessen vortreflliches, 1570 datiertes Werk wir 
weiterhin reproduzieren, hat es nicht fertig gebracht, das Wort „Psalm" richtig 
zu schreiben. Die von anderer Seite vorgeschlagene Lesung A(NGELORUM) 
R(EGINA) O V(IRGO) möchte ich um so weniger akzeptieren, als sie mir 
ungewohnt klingt, während die Mischung von Deutsch und Lateinisch nichts 
Ungewohntes für die Entstehungszeit des Stückes hat, ja sogar ganz dieselbe 
Formel „Frovwa Sancta Maria" im XII. Jahrhundert nachzuweisen ist. 

	        
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