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Volltext: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 6 und 7)

nicht durch fortgesetzte Vorstöße das neue Arbeitsgebiet rechtlich einer be- 
stimmten Zunft zuerkannt worden war. 
Wenn mithin das Figdorsche Niello und s ein Abdruck nicht mehr die 
historische Bedeutung haben können wie sie seinerzeit dem Bargello-Niello 
und seinem Abdruck zuerkannt wurde, so ist es doch möglich, durch die 
Gegenüberstellung des Figdor-Niellos mit dem Rothschild-Druck eine wich- 
tige technische Frage zur endgültigen Lösung zu bringen. 
Es ist nämlich oft erörtert worden, wie ein solcher Papierabdruck nach 
einem Silberniello zustande kommt. 
Man nimmt heute folgendes an: Der Niellator graviert seine Silberplatte, 
um sie später mit Niello auszufüllen und dadurch seine Zeichnung sichtbarer 
zu machen. Er hat es durchaus nicht nötig, Probedrucke zu nehmen, welche 
ihm den Stand der Arbeit zeigen, denn er braucht ja nicht zu wissen, wie der 
Abdruck, sondern nur, wie das Original, die Silberplatte, aussieht. Um 
aber im Atelier gleichsam ein Inventar der fertiggestellten Arbeiten zu 
sammeln, macht er einen Gipsabguß oder irgendeine andere Nachbildung 
und fertigt danach eine Schwefelkopie. Daß diese oftmals das Ziel war, 
wissen wir aus der Verwendung, die solche Stücke gefunden haben, und es 
wäre nur die Frage aufzuwerfen, warum sie nicht direkt nach dem Original 
gemacht wurden. Die Antwort ist leicht: Schwefel hat eine so starke Affinität 
zu Silber, daß geschmolzener Schwefel, auf Silber gegossen, sich nach dem 
Erkalten nur schwer ablösen läßt; und selbst wenn es nach einiger Mühe zu 
gelingen scheint, ist es sowohl mit Nachteilen für die Silberplatte wie für 
den Schwefelabdruck verknüpft. Die Niellatoren wußten das genauer als 
jeder andere, denn die Niellomasse, ihr wertvolles Arbeitsmaterial, ist ja eine 
Verbindung von Schwefel und Silber, die auf der Affinität beider Materia- 
lien zueinander beruht. ' 
Wollte man also einen Schwefelabguß haben, so m u ß t e eine Zwischen- 
arbeit vorausgehen. Und der Schwefelabguß war gewünscht, weil er schärfer, 
sauberer und dauerhafter war als ein Gipsabguß und man ihn auch gelegent- 
lich als freilich geringwertiges Zierstück für irgendeine andere Arbeit ver- 
wenden konnte. Er konnte sogar direkt ein I-Iandelsobjekt werden und man 
benutzte ihn auch, um die Gravierungen, die er reproduzierte, auf Papier ab- 
zudrucken, was von einem Gipsabguß kaum möglich war. Aber - und hier 
setzt die eigentliche Frage ein - sind auch wirklich die vorhandenen Niello- 
drucke von Schwefelgüssen genommen? Das einzige wirklich brauchbare 
Material zur Untersuchung dieser Frage war bisher das Bargello-Niello mit 
seinen zwei Schwefelabgüssen und seinem Druck im Pariser Kupferstich- 
kabinett. Nun scheint sich aber zu ergeben, daß dieser Druck von keinem 
der zwei bekannten Schwefelabgüsse gemacht ist, und er zeigt auch nichts, 
wodurch man beweisen könnte, daß er von einer dritten, heute nicht mehr 
nachzuweisenden Schwefelkopie oder von der Silberplatte direkt abgezogen 
ist. In dieser Beziehung ist aber der Druck nach dem Figdor-Niello eine 
„piece concluante". Die durchgehenden Rißlinien und die fehlenden Stellen
	        
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