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Volltext: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 6 und 7)

Man könnte von der Kunst des Netzemails oder, wie die Franzosen 
sagen, vom email en resille sur verre, mit demselben Enthusiasmus reden 
wie von der Oiron-Fayence. Auch sie ist eine Geburt des Renaissance- 
geistes, der, cupidus rerum novarum, sich an neuen Techniken nicht genug 
tun konnte, auch sie ist, wie die Oiron-Fayence, ein Kind der Liebe ohne 
rechte Vaterschaft, fast ein kunstgewerblicher Homunkulus, entstanden in 
ungewohnter Weise. Aber sie ist durch und durch künstlerisch und ge- 
schmackvoll, was man von den Oiron-Fayencen nicht immer sagen kann. 
Der einzige, der, so viel ich weiß, die Technik ausführlich zu schildern 
versucht hat, ist]. Labarte, der in seiner Histoire des Arts Industriels, 
2. Auflage, 2. Band, Paris 1873, S. 136 sagt: 
„On s'imagina de couvrir le cristal d'une ornementation en email cloi- 
sonne d'or. Pour y parvenir, on grava en creux sur le cristal des rinceaux, 
des omements et des arabesques, comme s'il s'etait agi de champlever du 
rnetal, et dans les intailles pratiquees, d'un demi millimetre a un millimetre 
environ de profondeur, on introduisit une mince feuille d'or pour en tapisser 
le fond et les parvis perpendiculaires, auxquels on la faisait adherer par la 
pression. Dans la petite caisse d'or ainsi preparee, on introduisait des pätes 
d'emaux colores d'une fusibilite extreme, de maniere que la fusion püt s'en 
operer sans alterer ni l'or ni le cristal de roche, qui etait ensuite, au surplus, 
soumis de nouveau au polissage. La feuille d'or qui tapissait les intailles, 
s'elevant jusqu'au niveau de la surface du cristal, encadrait ainsi les emaux 
et tracait avec eux le dessin des iigures inventees par Yorfevre." 
„Ce procede d'ornementation du cristal de roche devait presenter de 
grandes difticultes d'executi0n, et la fonte de Yemail dut souvent amener la 
perte des belles pieces de cette riche matiere. On imagina donc de faire sur 
un cristal artificiel, dest-a-dire sur du verre, ce qu'on ne parvenait a faire 
qu'a grand'peine sur le cristal de roche. Le verre employe pouvant supporter 
sans alteration une chaleur beaucoup plus forte que celle qui etait ne'cessaire 
pour faire entrer Femail en fusion, on n'avait plus a redouter Pinconvenient 
que presentait le cristal fourni par la nature." 
Diese Auseinandersetzungen sind aber sehrbedenklichErstens glaube ich 
nicht, daß es Netzemail auf Kristall gibt, und ich möchte fast annehmen, daß 
die wunderbare Schale in Florenz, auf die Labarte seine Annahme gründet, gar 
nicht in das Gebiet dieser Technik gehört. Soweit ich übersehen kann, ist das 
Netzemail immer in Glas eingebettet, und darin liegt ja gerade das Pikante, das 
spitziindig Künstliche: man schmilzt Glas in einem Behälter von Schmelzglas. 
Wie sich der Vorgang tatsächlich im einzelnen abgespielt hat, ist von 
Labarte anscheinend ebenfalls nicht richtig angegeben. Ein Fachmann 
schreibt mir darüber: 
„Im Gegensatz zu Labartes Theorie handelt es sich hier nicht um 
Gravierungen in Glasplatten, die mit einer Goldfolie ausgelegt sind, welche
	        
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