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der
„Mittheilungen des k. k. Oesterreißh. Museums."
baum fort, indem bei weiterschreitendem Werke das fertige Gewebe am
Brustbaum aufgewickelt wird, wodurch die aufgespannte Kette gegen den
Arbeiter wieder verrückt.
Der Juruken-Stuhl hingegen hat von dem durch das eigentliche
Weben bedingten künstlerischen Mechanismus nichts an sich und könnte
nach Aussehen und Bestimmung eher mit einem Stickrahmen verglichen
werden. Sein hölzernes Gestell ist aufrecht stehend. Es besteht aus
zwei aufrecht in die Erde geramrnten Pfosten, die zuweilen auch
als zwei in Schwellen verzapfte und verstrebte Ständer erscheinen. Sie
tragen oben ein drehbares walzenförmiges Querholz, den Kettbaum, von
dem die wollenen Kettfäden zu dem Waarbaum senkrecht herabgespannt
sind. Dieser besteht aus einer kräftigen Welle, welche gleichzeitig zur
Aulwickelung des fertigen Werkes dient, indem sie durch eine Haspel-
speiche gedreht werden kann. ln der mittleren Höhe des Stuhles befinden
sich zwei von den Kettfäden umzogene Querhölzer, von denen das
längere an die Ständer festgegabelt ist, wodurch die Kettfäden in ihrer
Lage gehalten werden. Sie dienen also beiläufig zu demselben Zwecke,
wie das Riet in der heutigen Weberei.
Die Arbeit an diesem Stuhle ist keine Weberei, sondern entspricht
im Vorgange der Gobelintechnik. Die sitzende Arbeiterin zieht hiebei
ohne den Gebrauch einer Nadel oder eines sonstigen Instrumentes mit
den Fingern den farbigen Wollfaden durch die Kette, indem sie stets
nur eine Farbfläche mit derselben ausmalt. Jede einzelne Farbenlinie wird
zur Verdichtung mit dem Kamm (xreic, pecten, türk. taräk), einem ge-
zinkten plumpen Holzinstrument (Fig. 3), das in anderen Gegenden, z. B.
im Kaukasus, aus Eisen besteht, angeschlagen.
Diese Technik, bei welcher nach abwärts gearbeitet wird, ist wohl
von allen alten Culturvölkern geübt worden und kommt dem Flechten
am nächsten. Sie scheint mir nicht durch die Eintheilung berührt zu
werden, welche H. L. Ahrens in seiner sehr verdienstlichen Abhandlung
nDie Webestühle der Altem (Philologus XXXV. S. 395) mit Beziehung auf
die beiden Arten aufrechtstehender Webestühle des classischen Alterthums
trifft; denn hier handelt es sich um keinen Webestuhl im eigentlichen
Sinne des Wortes. Der Juruken-Stuhl ist vielmehr das uralte Prototyp
des Haute-lisse-Stuhles, wie er in der Tapisserie Geltung hat, und die
Bezeichnung metier de haute-lisse ist nichts Anderes als die französische
Uebersetzung des alten sarazenischen Kunstausdruckes käimet el-kadar,
X. Bd. 1885. 25