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Volltext: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 10)

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die Vollendung dieses Stiles im XVI. und XVII. Jahrhundert und nahm 
daher auch für die ältere Zeit eine chinesische Erfindung an, während es in 
Wirklichkeit, wie ich ausführlich in dem zweiten Bande meiner chinesischen 
Kunstgeschichte zeige, eine ganz unchinesische, fremdländische Dekoration 
war, die erst nach dem Osten eingeführt und dann in lokaler Ausarbeitung in 
einer geistlosen und phantasieannen Zeit in China zur handwerksmäßigen 
Vollendung gebracht wurde. 
Einzelne Teppichmuster, wie Drachen, Phönix und Wolkenband, sind 
wiederum echt persische Ausgestaltungen einer Chinoiserie, die unter den 
Mongolen im XIII. Jahrhundert begann und Jahrhunderte von Einfluß blieb. 
Chinesisch ist nur der Grundgedanke, die dekorative Ausführung ist rein 
persisch und ganz unchinesisch. Dagegen scheinen chinesische Seidenstoffe 
nach Europa gekommen zu sein, wenn mir auch der chinesische Ursprung 
des in der Marienkirche zu Danzig aufbewahrten Restes eines Seidenstoffes 
(ausgestellt in der MohammedanischenAusstellung, München 1910 - Lessing, 
Gewebesammlung des gelnder Kenntnis von 
Königlichen Kunstgewer- ostasiatischen Originalen 
bemuseums) noch we- noch kaum begonnen. 
nig bewiesen erscheint. Dreger hat den ersten er- 
Wohl ist es möglich, daß folgreichen Versuch ge- 
manche arabischen und 4Aho.5.ChiriesisclierGiirtelhaken macht(KunstundKu1-1St_ 
italienischenStoFfe chine- äizfasiflfäczzjfjfäigzigfx; handwerk, 1905, Heft I2, 
sischenVorbildern nach- umgebogen m, auf der Rilck- und 1906, Heft 3). Das 
geformt sind. Die Unter- s'i'gag:äf;g'li'nüzfg_,ä'izziäyß Vorkommen von chine- 
suchungen sind aus man- sischen Schriftzeichen auf 
Geweben erscheint mir als kein Beweis für die Kopie eines chinesischen 
Stoffes. Derartige Schriftornamente sind das Produkt der damaligen Chinoi- 
serie im Westen, und das Schriftzeichen kann ebensogut oder sehr viel 
wahrscheinlicher Büchern oder Bildern entnommen sein. Ähnlich wie die von 
Boucher gemalten Chinesen freie Phantasiegestalten nach mißverstandenen 
Bildern oder Porzellandekorationen waren, kann man auch hier annehmen, 
daß der europäische Weber das fremdländische Zeichen selbständig als 
Ornament verarbeitete. Die Hauptsache ist bei einem Muster nicht das ein- 
zelne Ornament für sich genommen, sondern die ganze Komposition, die 
Einteilung, kurz alles, was den Stil im weitesten Sinne umfaßt. 
Den wesentlichen Unterschied der ostasiatischen Auffassung gegenüber 
der westlichen erblicke ich in dem starken Naturalismus im Verhältnis zu der 
westasiatischen stilisierten Flächendekoration. Dieser Naturalismus führte in 
China in der Malerei zum Impressionismus der Sung-Zeit, und ich habe kürzlich 
versucht (Orientalisches Archiv, Heft z) nachzuweisen, daß die phantastischen 
Landschaften als Hintergründe der Gioconda und der Anna Selbdritt von 
Leonardo da Vinci das Bestreben darstellen, chinesische Sung-Landschaften 
in die Sprache europäischer Kunst zu übertragen. Dieser Naturalismus 
belebte die Flächendekoration, und wo die stilisierten Ornamente, beson-
	        
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