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Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 3)

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waren, die trotz der Ansprüche an Gefälligkeit und leichte Verständlichkeit doch ein 
künstlerisches Niveau erreichen, das auch dann befriedigt, wenn man die dargestellte 
Persönlichkeit nicht kennt. 
GRAPHISCHE ARBEITEN. Der Landesverband für Fremdenverkehr in Wien 
und Niederösterreich hat im Equitable-Palais eine kleine Ausstellung von sogenannten 
Künstlerpostkarten veranstaltet. Es sind Kollektionen von Karten, nach Provinzhauptstädten 
und Gegenden geordnet, die nach Aquarellen von österreichischen (zumeist Wiener) Malern 
angefertigt sind. Für die Zwecke des Fremdenverkehrs sind diese gegenständlich und 
sauber gemalten Veduten und Szenen wahrscheinlich nützlich und wirksam. Ihre Zahl ist 
vielleicht dazu noch nicht groß genug (die englische Firma Tuckzeigt, wie man solche 
Dinge kommerziell großzügig anfassen kann), aber immerhin bilden sie einen nützlichen 
Beitrag. 
Was die künstlerische Qualität anbelangt, so muß man bedauern, daß in Österreich 
nicht unsere besten Kräfte zu solchen Arbeiten herangezogen werden. Das Niveau der von 
polnischen und tschechischen Künstlern (namentlich auf dem Gebiete der Nationalkostüme) 
bereits geleisteten Arbeit ist wesentlich höher als das der ausgestellten Arbeiten. 
Ebenso muß man sagen, daß die Photographie in Salzburg, in der Wachau, in Wiener 
Gassen und Höfen schon ein treflliches Bildermaterial zur Verfügung gestellt hat, das an 
Anschaulichkeit und Genauigkeit nichts zu wünschen übrig läßt und doch ein höheres 
Geschmacksniveau aufweist, als viele der hier ausgestellten Veduten bekunden. 
Man kann und soll mit derAnsichtskarte heute auch eine geschmackbildende, anregende 
Absicht verbinden, indem man nicht nur auf das Gegenständliche aufmerksam macht, 
sondern auch im Ausschnitt und in der Farbe in dem kleinen Format die größte Wirkung 
anstrebt. In dem vorliegenden Material wird eigentlich nur der Wiener Ranzoni diesem 
Problem gerecht. 
Sehr reizvoll war hingegen die Ausstellung photographischer Aufnahmen aus Prag, 
die in den Räumen des Landesverbandes vor der Ansichtskartenausstellung zu sehen war. 
Sie zeigte die volle Höhe moderner künstlerischer Photographen, die in der Wahl der 
Objekte wie in dem tüchtigen malerischen Blick gleich sicher waren und sich durch tonige 
und lebendige Wiedergabe der Aufnahmen auszeichneten. 
Der kleine Raum einer photographischen Platte zwingt jeden geschmackvollen Photo- 
graphen zu knappen Ausschnitten, zu einfachen Gegensätzen. Um wie vielmehr muß dies bei 
der Ansichtskarte Regel werden, die eine weitere Reduktion des Formates bedingt. Hier 
erzielt die Häufung von Gegenständen stets einen Mißerfolg. 
Die Wiener Werkstätten haben in einer Folge von Karten, unter denen sich auch 
viele Wiener Ansichten befinden, hier einen eigenen Weg gezeigt. Ihre Arbeiten bilden den 
größten Gegensatz zu den naturalistisch gezeichneten und gemalten Veduten. 
Sie legen auf die reizvolle Kontur, auf den charakteristischen Ausschnitt den größten 
Wert und bringen die Farbe nur als Kolorierung; dadurch haben sie eine künstlerische 
Note erreicht, die trotz des kleinen Formates eine gewisse Fernwirkung besitzt und 
daher auch im Schaukasten, auf der Straße zur Geltung kommt. 
Diese Karten bilden einen Hinweis darauf, wie die Zeichnung gegenüber der Photo- 
graphie ihren Wert und Reiz betonen kann. Es ist allerdings noch nicht zu erwarten, daß 
das Publikum sehr groß ist, das diese Art der Darstellung liebt und genießt. Immerhin 
haben sie schon eine ansehnliche Verbreitung und werden ihre nützliche Wirkung sicher 
nicht verfehlen. 
Zweifellos ist die Ansichtskarte eineAufgabe, bei welcher der Stilismus, die Linien- und 
Flächenwirkung dem Naturalismus und der Stimmungsmalerei vorzuziehen ist, wenn nicht 
der Wert auf die Gegenständlichkeit gelegt werden muß. In letzterem Fall ist aber das 
Lichtbild der unersetzliche Arbeitsbehelf, der durch Übersetzung in die Zeichnung nur an 
Wert verliert.
	        
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