Ein kurzes Schlußwort über die Plastik.
Der ausgezeichnete Barlach schnitzt in Holz mit goldig leuchtenden Narben den
Wüstenprediger. Gleich einer geballten Wolke ist er gelagert; sein Haar weht im Sturm
und man glaubt aus dem eifernden Gesicht die Stimme daherbrausen zu hören.
Grotesken in Marmor bringt Arminius Hasemann, die Masken des Narren und des
Kondottiere, kautschukhaft geknetet. Ganz stark ist Minnes Halbfigur in Bronze mit dem
Runengesicht voller Ungewitter. ,
Den Zug zum Archaischen, den Maillol und Haller vor einigen Jahren zuerst zeigten,
erkennt man in dem Torso von Wilhelm Lehmbruck und der Steinskulptur der Sitzenden
von Milly Steger. Kolbes Somaliknabe aus Bronze wirkt fein durch die schmale Linie
des Körpers und die schwanke wie im Wind bebende Haltung. Gauls Pinguine sind
ungemein echt mit ihren tappigen Gummikörpem und den patschigen Flossen. F. P.
ON DER EDELEN GLASMAL-KUNST. Die Werkstätten von J. Schmidt
haben im Lipperheideschen Palais eine Reihe von Glasmalereien moderner Künstler
ausgestellt, die mit tiefem Leuchten und vollem koloristischen Klang die Räume erfüllen.
Als historischen Auftakt sieht man einige alte Fenster, Schweizer Haus- und
Familienscheiben mit Wappen und Emblemen der Geschlechter und zwei sehr interessante
Schildereien des Jüngsten Gerichts mit gewundenen Erzengelposaunen, mit Skeletten und
Lemuren aus Grüften, amethystenen Wolken der Höhe und rotlohendem Höllenrachen
der Tiefe, aus der die Teufel vom krummen Horn tauchen.
In der Schau der neuen Arbeiten begegnet man den verschiedensten Tempera-
menten; überwiegend sind die ausdrucksvollen Lösungen, dekorativ und prangend in der
Wirkung und dabei rein aus den technischen Bedingungen abgeleitet. Dafür scheint
besonders charakteristisch der Perseus von Wilhelm Bartz. Die Verbleiungslinien, die
konstruktiv notwendig sind, um die farbigen Glasstücke zusammenzuhalten, werden hier
besonders geschickt zur zeichnerischen Konturwirkung benutzt. Sie umschreiben dunkel-
tonig die Umrisse des Helms, des Visiers mit dem scharf geschnittenen Nasenbügel,
und sie bilden die welligen Bandornamente auf Beinschienen und Panzer im hellgrünen
Grunde. -
Manch Altmeisterliches begegnet: religiöse Darstellungen von Alfred Böld, die
Krippe, die heilige Veronika, ein Cruzilixus von Gusmann, inbrünstig und glühend; und
Scheiben in emblematischen Stil alter Kupfer in gelbgrünen Tönen mit Gewerkes Zeichen.
So hat sich Fritz Böhle die wackere Bräuerei ausersehen. Er bringt auf das Glas die
schwerhufigen massiven Lastgäule, die wir von seinen erdschollenhaften Holzschnitten
kennen. Sie ziehen, vom Reuter gelenkt, den Wagen mit der rundlichen Tonne; ein
stämmiger Gesell mit dem geschwenkten Maßkrug schreitet gewichtig neben den Russen,
der Bräuknecht, und aus schweiügen Kartuschen grüßen in Schnörkelschrift freundliche
Sprüchlein wie der: „Laß Dir Dein Schöpplein frommen."
Leicht ironische Stilspiele treibt Christophe mit seinen amüsant gespreizten Szenen
eines Karnevalrokokos, so der Jagdszene mit der fürstlichen Nimrodin in pompösem
Reifrock, der ihr Kammermohr das Gewehr ladet.
Das Leda-Motiv mit der zärtlichen Schmiegsamkeit des weiblichen Aktes lockt
mehrere Male, einmal von Julie Wolf-Thom auf blumigen Kissen zwischen üppigen
Stoffen in der Veranda, das andere Mal von Alfred Böld (Karlsruhe), mythologiegerechter,
mit dem Schwan im Schoß, Gefieder und Frauenleib in silbrig sprühender Harmonie, von
braungoldenem Tongewoge umschimmert. Auf kokett dekorative Neigungen zeigen die
Kaprizen von Gipkens und julius Klinger. Von Gipkens das Dielenfenster mit dem um-
rahmenden feurigen, violettroten Blumenkranz, dem runden Innenfeld, champagnetonig,
in dessen Mitte auf lila Reifen sich ein weißer Arras schaukelt; und von Klinger die
pikanten Variationen der Dame zwischen den Flamingos und die schillernden blauen
Seifenblasengaukeleien.