Erwein Grafen Nostitz-Rieneck zum dreihundertjährigen Gedächtnisse Rudolfs II.
eine Ausstellung von Gemälden, Plastiken und Stichen der Hofmaler des kunstliebenden
Herrschers eröffnet, die auch außerhalb Böhrnens Beachtung verdient.
Naturgemäß bildet das im Prager Rudoli-inum zur Schau Gestellte nur einen Bruch-
teil des Kunstschatzes, den Rudolf II. auf seinem Prager Schlosse aufgespeichen hatte,
denn bald nach seinem Tode hat sein Bruder und Nachfolger Matthias einen Teil desselben
nach Wien überführt und was am Prager I-Iradschin verblieb, gelangte später während des
Dreißigjährigen Krieges als Kriegsbeute ins Ausland, nach Nürnberg, München, Dresden,
vor allem aber nach Schweden, wohin Königsmark ganze Transporte befördern ließ.
Trotzdem hat es die Ausstellungsleitung verstanden, aus dem Erreichbaren das Typische
herauszuwählen und so einen belehrenderi, ungemein interessanten Blick in die kunst-
freundliche Zeit Rudolfs II. zu ermöglichen. Weitere Ergänzungen durch Bildnisse dem I-Iofe
nahestehender Persönlichkeiten und Werke der Lieblingskünstler des Kaisers sowie
durch eine Auswahl von kunstgewerblichen Objekten der Rudolfinischen Zeit machen die
Ausstellung zu einer Sehenswürdigkeit.
Von den Hofmalem sind Hans von Achen, Bartholomäus Spranger, Roelant Savery,
Matthias Gundelach, von den Kupferstechern jakob I-Ioefnagel und Ägidius Sadeler, von
den Lieblingsmeistern Rudolfs Jan Brueghel (Samtbrueghel) und Albrecht Dürer, letzterer
durch das berühmte „Rosenkranzfest" vertreten, ebenso der Hofbildhauer Adrian de
Vries durch einen Abguß der im Wiener kunsthistorischen Museum befindlichen Büste
Rudolfs II. und vor allem durch zwei prachtvolle lebensgroße Bronzeiiguren „Der betende
Christus." und „Heiliger Sebastian", welche Fürst Liechtenstein geliehen hat.
Aus dem fürstlich Lobkowicischen Schlosse zu Raudnitz stammt eine ganze
Serie von Bildnissen, darunter ein Jugendbildnis des Kaisers und ein Porträt seiner
Mutter Maria, der Gemahlin Maximilians II., beides Werke des Spaniers Coello Alonso
Sanchez.
Es ist nicht gut möglich, hier eine eingehende Würdigung dieser historischen Kunst-
schau zu geben. Sie enthält eine Fülle von kunstgewerblichen Schätzen, Dokumenten der
außerordentlichen I-Iöhe des damaligen Kunsthandwerks, dem Kaiser Rudolf eine besonders
intensive Pflege zuteil werden ließ. Erwähnenswert bleibt überdies die Kollektion
von astronomischen Instrumenten des I-Iofinstrumentenmachers Erasmus Habermel.
Unter den zahlreichen Stichen sind einige, die uns wichtige historische Begebenheiten
erzählen, vor allem ein Blatt des Kupferstechers Ägidius Sadeler, das den Kunstmarkt im
Vladislavschen Saale auf der Hradschiner Burg darstellt. Die Abhaltung dieses Kunst-
marktes hat Rudolf II. bewilligt, um seinen I-Iofkünstlem Gelegenheit zum Verkaufe zu
geben. V
Öffentliche und Privatsammlungen haben es der Ausstellungsleitung ermöglicht,
in engem Rahmen ein belehrendes und farbenreiches Bild der Zeit Rudolfs II. hervor-
zuzaubem. Einen großen Teil der Gemälde hat die Gemäldegalerie des Allerhöchsten
Kaiserhauses zur Verfügung gestellt, I-Iandzeichnungen die Albertina in Wien, Gemälde,
Plastiken und Kunstgewerbe die fürstlich Lobkowicz'sche Galerie in Raudnitz, ferner,
wie bereits erwähnt, die Liechtensteinsche Galerie in Wien und die Prager Galerie des
Grafen Nostitz; zahlreiche Stiche, Medaillen und einen ganzen Schatz von kunstgewerb-
lichen Objekten das Prager Kunstgewerbemuseum."
Der Katalog mit einem kurzen, historischen Uberblick der Kunstbestrebungen dieser
Zeit aus der Feder des Universitätsprofessors Dr. Karl Chytil ist vom Inspektor der
Prager Rudoll-inum-Galerie Paul Bergner verfaßt und bildet einen verläßlichen Führer
durch die Ausstellung.
IE LEIPZIGER BUCI-IGEWERBEAUSSTELLUNG. Im ratsam der
niederösterreichischen I-Iandels- und Gewerbekammer in Wien fand am 24. juni
unter demVorsitze des Präsidenten der Ständigen österreichischen Ausstellungsltommission
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