555
Auch der Adel hat sich schon im letzten Viertel des XVII. und im ersten
Viertel des XVIII. Jahrhunderts seine prunkvollen Paläste in der Inneren
Stadt und seine schönen Sommersitze in den Vororten erbauen lassen; sie
sind ja das lebendigste Zeugnis des geistigen, künstlerischen und materiellen
Aufschwunges Wiens nach der Befreiung der Stadt von den Türken. Unter
dem Wenigen, was in den achtziger Jahren an Adelspalästen in der Inneren
Stadt geschaffen worden ist, ragt das Palais des Grafen Moritz Fries (Palla-
vicini) hervor, welches von Hohenberg 1782 bis 1784 erbaut und von Zauner
mit den berühmten Karyatiden geschmückt worden ist. Auch das ungarische
Ministerium in der Bankgasse, welches in den achtziger Jahren umgebaut
wurde, zeigt eine eigentümliche Mischung des Josefinischen Stiles mit
Barocke und Rokoko.
Vor allem aber erweitert und verändert sich das Wiener Stadtbild durch
die Ausgestaltung der Leopoldstadt, durch die Eröffnung des Praters x765
und die des Augartens 1775. Hier erbaut sich Kaiser Josef, entfernt von der
alten Favorita (Augartenpalais), deren ursprüngliche von den Türken zer-
störte Anlage Josef I. neu erstehen ließ, im Südostwinkel des Gartens nach
eigenem Entwurfe das schmuck-
lose Sommerhäuschen, wo er
1781 den nachmaligen Zaren
Paul I. und 1782 Papst Pius" VI.
empfing und wo im selben Jahre
Mozart auf dem uns noch er-
haltenen Spinett des Kaisers vor
diesem seine berühmten Mor-
genkonzerte gab. Die Eröffnung
des Augartens wirkt auch auf
dessen Umgebung ein, indem
daselbst allmählich zahlreiche
I-Iäuser entstanden, welche den
Barockcharakter der Altwiener
Profanarchitektur völlig ab-
gestreift haben.
Mehr noch aber hat die,
wie erwähnt, schon zehn Jahre
vorher erfolgte Eröffnung des
Praters die Errichtung neuer
Bauwerke gefördert. Im Prater
selbst entstehen nicht nur viele
jener Buden, I-Iütten und Cafes, ,
die zum Teil bis vor kurzer Zeit J . '- -- 1-
aufrecht blieben, sondern es
wird in der heutigen Haupt-
allee links vom Eingange vom Portal der ehemaligen Alserkaseme
u