MAK

Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 11)

gleichen Hand stammen. Es erscheint jedoch auch der Beachtung wert, wie 
verschiedenartig der Meister dabei in manchen Einzelheiten vorging. So 
behandelt er auf der Predella die Haare wesentlich weicher und malerischer 
als auf dem Hauptbild, wo er sie in plastischer Detaillierung Locke für Locke 
heraushebt. 
Versuchen wir nun an der Hand all dieses Materials den Altar, wenn 
auch nicht in seiner äußeren Erscheinung, so doch in der richtigen Reihen- 
folge seines Bilderzyklus wieder aufzubauen! 
Nach Analogie ähnlicher Altarwerke dürfte es keinem Zweifel begegnen, 
daß jeder Flügel eine in sich abgeschlossene Legende eines Heiligen enthielt, 
und zwar war nach Maßgabe des Mittelbildes der linke Flügel dem heiligen 
Petrus, der rechte dem heiligen Paulus eingeräumt. Die Bilder, die nunmehr 
getrennt, das heißt wahrscheinlich auseinandergesägt sind, lassen sich ohne 
weiteres in ihre Reihenfolge wieder einordnen. Entsprechend dem Gold- 
brokatgrund der Repräsentationstiguren des Mittelbildes und der chrono- 
logischen Folge der Szenen zeigte der geöffnete Altar die gleichfalls mit 
Brokatmustern dekorierten Darstellungen: auf der Innenseite des linken 
Flügels oben die Flucht Petri mit dem Quo vadis, unten die Kreuzigung 
Petri; auf der Innenseite des rechten Flügels oben den Abschied der Apostel- 
fürsten und unten die Enthauptung Pauli (Abb. u). Bei geschlossenen Flügeln 
sah man auf dem rechten oben die chronologisch früheste der Paulusszenen, 
die Bekehrung Pauli und darunter die durch die Heilung des Paulus durch 
Ananias erfolgte Berufung des Apostels." Etwas erschwerend für die Rekon- 
struktion des linken Flügels, das heißt seiner Außenseite, wirkt der Mangel 
des einen Bildes. Beachtet man jedoch die innere Korrespondenz der 
einzelnen Bilder, wie sie sich bei geöffneten Flügeln in der Begegnung Petri 
mit Christus und der Begegnung der Todgeweihten und ferner der beider- 
seitigen Martyrien ergibt, so wird man ohne weiteres das obere Feld des 
linken Außenfiügels der Szene mit Petrus auf dem Meere einräumen müssen, 
die im Sinne der gegenüberstehenden Bekehrung Pauli einen Vorwurf 
Christi in sich schließt. Aller Wahrscheinlichkeit nach stellte dann das untere 
Bild der Außenseite des linken Flügels, korrespondierend mit der Heilung 
und Berufung des heiligen" Paulus, das wichtigste Ereignis im Leben des 
heiligen Petrus dar, seine Berufung (Abb. I2). Wie das eine Schriftband des 
Hauptbildes: „T u es vas electionis, sancte Paule" (Act. g, x5) der Ananias- 
szene des rechten Flügels, so hätte dann das andere Schriftband: „Tu es 
pastor ovium sancte Petre" dem: „Simon Petre, pasce agnos meas, pasce 
oves meas" (joan. 21, 15 und 17) entsprochen. 
Weder die T ratzberger noch die Tiberiasbilder tragen irgend welche 
Inschrift, welche sich auf den Meister oder wenigstens das Entstehungsjahr 
beziehen könnten. Sepp bezeichnete seine Gemälde als Werke des „Michel 
Facher von Prunecken 1475", ohne dafür irgendeinen Beleg anzugeben. 
' Die Richtigkeit dieser Zusammenstellung ergibt sich auch noch aus dem gleichartigen Verlauf eines 
Sprunges auf der rechten Seite der Enthauptung mit jenem auf der linken des Ananiasbildes.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.