aus der Kapelle. Sieben der Tafeln - die achte ist verschollen - kamen,
wann und wie ist unbekanntf" in den Besitz des Münchener Universitäts-
professors Johann Nepomuk Sepp, und dieser schenkte sie 1861 der Peters-
kirche in Tiberias am See Genezareth, wodurch sie der deutschen Forschung
völlig entrückt wurden. "i Dort hingen sie zunächst in der Kirche selbst,
wurden dann eine Zeitlang auf einem Dachboden aufbewahrt und
schmücken nun das Refektorium des KlostersW"
Auf die Zusammengehörigkeit der sieben Bilder in Tiberias und der
Tratzberger Tafel nebst der Predella hat erstmals Stiaßny hingewiesen,
freilich ohne nähere Angaben und Beweisführung, da ihm wohl der Augen-
schein der Flügelbilder selbst wie photographischer Aufnahmen versagt blieb.
Die Richtigkeit der Annahme Stiaßnys unterliegt aber keinem Zweifel, denn
abgesehen von dem stofflichen Inhalt der Tiberiasbilder, die in logischem
Zusammenhang mit dem Hauptbilde das Leben der beiden Apostel Petrus
und Paulus behandeln, entsprechen sich die beiderseitigen Maße im großen
ganzem-i
Die Mitteltafel des Altars mißt ohne Rahmen in der Höhe zirka
2'84 Meter und in der Breite 1'g8 Meter, die Flügelbilder durchschnittlich
in der I-Iöhe 1'24 Meter, in der Breite 1'o6 Meter. Unter Berücksichtigung
der entsprechenden Rahmen und des Umstandes, daß die Haupttafel teil-
weise beschnitten ist (siehe S. 587), würden also die Flügel - mit je einem
Paar der Legendenszenen auf den Innen- und Außenseiten - das Haupt-
bild decken, und zwar in der Breite vollkommen, in der Höhe bis zu seiner
rechteckigen Begrenzung, so daß wie bei ähnlichen Werken die halbrunde
Überhöhung desselben bei dem geschlossenen Altar sichtbar blieb.
Unsere Untersuchung über die Tiberiasbilder kann sich bedauerlicher-
weise nicht auf einen Augenschein der Originale selbst stützen. Der Um-
stand aber, daß eben nur den wenigsten deutschen Forschern beschieden
" Die Angabe bei R. Stiaßny, „Die Pacherschule" im „Repertoriurn filr Kunatwissenschaft", Bd. XXVI
(1903), S. a6, wonach die sieben Tafeln durch Pfarrer Gotthard aus Oherbergkirchen - es ist der spätere Dom-
kapitular Heinrich Gotthard, der die bekannte Sammlung alttirolischer Malwerke in Freising zusarnruenbrachte
und sie 1864 dem erzbischöflichen Klerikalseminar dortselbst vermachte - in Sterzing erworben worden sein
sollen, und zwar 180g, entbehrt sicherer Begründung, aber nicht mancher Wahrscheinlichkeit. Die „Mitteilungen
der k. k. Zentralkomrnission", Bd. Xl (1856), S. XLIV, auf die sich Stiaßny zu stützen scheint, nennen lediglich
Sterzing. Keinesfalls könnte mit Bezug auf Gotthard das jahr 180g stimmen, da dieser erst r81o geboren wurde.
Herr I-Iochschulprofeasor Dr. B. Sepp in Regensburg hält ohne sicheren Nachweis es wohl für möglich, daß
sein Vater die Bilder von seinem Freunde Gotthard erworben hat.
"' Johann Nep. Sepp, „Die Kirchenväter im Besitze des Professors Sepp" im „Repertoriurn für Kunst-
wissenschaft", XI (1888), S. 345.
'" Peter Schegg, „Gedenkhuch einer Pilgerreise nach dem heiligen Lande", I1 (1867), S. 175, sagt: „Das
Kirchlein zum heiligen Petrus . . . . ist so dunkel, daß ich an den von Herrn Sepp im jahre 1861 hieher vermachten
altdeutschen Bildern nichts unterscheiden konnte. Doch hat man sie wenigstens aufgehängt, während die
steinerne Schenkungatafel unberührt an der Wand lehnt und so wenig gewürdigt wird als die Schenkung
selbst . . . 3' Die Inschrift der Schenkungstafel lautet: Has VII picturas donavit Dr. Sepp prof. monaceuxis, vitae
Jesu Christi auctor et sanctae terrae definitor. Siehe auch Sepp, Jerusalem und das heilige Land, 110813): S. 203.
1- Es sei hier bemerkt, daß bei den Angaben Professor Sepps insofern ein Gedichmiefehler obwaltete,
als er schreibt: „Sie stellen den Auszug der Apostel nach aller Welt und die hauptsächlichaten Taten des
Petrus, Paulus und Johannes dar." Dieser Angabe folgte auch Stiaßny. In Wirklichkeit handelt es sich, wie
die Bilder selbst belegen. einzig um Episoden aus dem Leben, beziehungsweise der Legende der beiden
Apostelfilrsten.