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Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 11)

Besten, was im vorigenjahrhundert auf diesem Gebiete geleistet wurde, obwohl sehr viele 
der berühmtesten Meister vertreten sind. So finden wir die Namen David, Delacroix, 
Daumier, Manet, Puvis de Chavannes, Fantin-Latour und andere, die eine uns fern- 
stehende Zeit darstellen, und es scheint, als wäre ein Abgrund zwischen diesen und den 
sogenannten modernen Meistern wie Cezanne, Van Gogh, Gauguin, Matisse. Es fehlt 
jedenfalls nicht an Vielseitigkeit in der Art, wie man die Pinselführung im XIX. jahr- 
hundert verstand. Vier sehr schöne Bilder von Eugene Carriere, darunter das Porträt von 
Alphonse Daudet, sind vielleicht der Glanzpunkt der Ausstellung. Ebenfalls Kunstwerke 
ersten Ranges das Porträt des berühmten Bildhauers jean Dampt von Aman-Jean und 
die Büste dieses Malers von Jean Dampt. Die Namen Besnard, J. E. Blanche, Bonnat, 
Degas, Boldini, Mademoiselle Breslau, Renoir sind würdig wenn auch nicht glänzend 
vertreten. 
Die dekorativen Künste muß man auch erst in allen Ecken und Nebenräumen des 
Grand Palais zusammensuchen. Da die unteren Räume für die vielen Wohnungs- 
einrichtungen nicht genügten, wurde im ersten Stockwerk eine neue Abteilung hiefür 
adaptiert. In dieser sehen wir die Ausstellungen der sogenannten „Ensembliersß Das 
Prinzip dieser Künstler besteht darin, für eine Wohnung alles selbst zu entwerfen 
und herzustellen, von der Architektur des Raumes angefangen bis in die kleinste 
Einzelheit. In diese Gruppe gehören: Paul Follot, Maurice Dufrene und Selmersheim. 
Follot vertritt vielleicht am besten die moderne französische Richtung. Seine Ein- 
richtungen sind stets aus dem kostbarsten Material hergestellt, ohne daß dieser Luxus 
in irgendeiner Weise aufdringlich wirkt. Sein Speisezimmer ist diesmal aus ganz lichtem 
polierten Holz mit sehr diskreter Inkrustation aus Ebenholz; die Teppiche, Wand- 
verkleidungen und Möbelstoffe sind in verschiedenen grünen und violetten Tönen 
gehalten. Ein kleines Boudoir ist dunkelrot, ins Violette spielend. Maurice Dufrene stellt 
eine äußerst zweckmäßig gedachte, ziemlich prunkvolle Bibliothek aus, daneben ein 
weniger gelungenes Schlafzimmer und eine reizende Künstlerloge für eine Schauspielerin: 
weiße Möbel, dazu Stoffe und Teppiche in verschiedenen lichten Farben mit ziemlich 
unruhigen Mustern, wodurch jedoch der sonst etwas kalte Eindruck der weißen Möbel 
behoben wird. Das ländliche Eßzimmer von Selmersheim ist von sympathischer Wirkung. 
Immer mehr bestrebt man sich, bei solchen Ausstellungen den Eindruck der Wohn- 
lichkeit zu schaifen, und die Räume der „Ensembliers" sind in dieser Beziehung bis in 
die kleinste Einzelheit auf das Sorgfältigste zusammengestellt. Deshalb wurden sie auch 
so spät fertig! 
Als ein Meisterwerk der Architektur wird vielfach die runde Halle von Charles 
Plumet genannt. Es sind sehr harmonische Formen. Säulen und Arkaden, die teilweise an 
den griechischen Stil, teilweise an das französische Mittelalter erinnern. jedenfalls ist es 
eine Neuerung, daß man in einer Kunstausstellung einen ausgeführten Entwurf der 
architektonischen Kunst, welche sonst nur durch Pläne vertreten ist, findet. 
Zu den interessantesten kunstgewerblichen Darstellungen gehört der Saal mit den 
Entwürfen für Stoffe und Tapeten. Die besten Muster sind von Andre Groult, d'Espagnat, 
Andre Mare, Lebasque, Barbier und Miss Lloyd. 
Nicht weit davon im Stiegenhaus breitet sich die Schule „Martine" aus. Man findet 
hier die sogenannte naive Kunst, zumeist einfache, aber schwerfallige Muster in den 
grellsten Farbenstimmungen. Erwähnenswert ist nur, daß dieselben von lauter Kindern 
von neun bis vierzehn Jahren entworfen sind. Poiret hat diese Schule gegründet, um in 
diesen jungen Talenten unverfälschte, urwüchsige Anregungen zur Kunst zu finden. 
Im unteren Stockwerk gibt es nun noch eine Unmenge von Wohnungseinrichtungen 
und darunter gar vieles Bemerkenswerte. Die drei Räume von Andre Mare sind entschieden 
originell, sogar etwas zu absichtlich und gesucht in dieser Richtung, besonders in bezug 
auf die Farbenzusammenstellung. Von Zweckmäßigkeit kann hier nicht die Rede sein, es 
ist auch gar nicht so gemeint; die verschiedenen Gegenstände und Möbel sind zweifellos
	        
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