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Volltext: Monatszeitschrift XVI (1913 / Heft 1)

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Reihe stehenden Aposteln lesen wieder zwei vereint in einem Gebetbuch, 
während der dritte (Jakob mit dem Pilgerhut?) betend die Hände faltet. 
Auch der am Fußende des Bettes stehende Apostel, in Barett und reichem 
Mantel, liest Sterbegebete und scheint in der Linken eine Kerze gehalten 
zu haben. Auf der Bettbank im Vordergrund haben sich zwei Apostel nieder- 
gelassen, der eine mit dem Rücken gegen die Sterbende, traurig das Haupt 
in die Linke stützend und die Augen schließend. Sein Gefährte läßt das 
Buch sinken, worin er gerade noch las, und blickt mit erhobener Rechten 
zu Marien empor. Zwischen den Sitzenden steht ein reicher gotischer 
Leuchter auf der Bettbank. Ganz oben wird, in herkömmlicher Weise, 
die Halbtigur Gottvaters sichtbar, der die als Kind gestaltete entfliehende 
Seele der Sterbenden in seinen Arm aufnimmt. 
Das Relief vereinigt eine Fülle prächtiger Charakterköpfe, von denen 
sich die markantesten in der linken oberen Bildecke zusammendrängen. 
Wie gut beobachtet sind die beiden Köpfe der Lesenden, besonders der mit 
der orientalischen Kopfbedeckung und der vorgeschobenen Unterlippe! 
Daneben das realistische Bauernporträt mit den feisten Falten an Nasen- 
wurzel und Unterkinn und den fleischigen Lippen! In schönem Kontrast 
dazu der edle Langkopf des Apostels mit dem Weihwasserkessel und das 
still trauernde, von einer Lockenperücke malerisch umrahmte Haupt des 
jüngers mit dem Räuchergefäß. Die drei jünger vor dem Bett sind als reiche 
Mantelliguren durchgeführt, mit einem großen Reichtum wirksamer Motive, 
unter denen wieder die tiefen, schattenbildenden Unterschneidungen und ein 
geschicktes Vermeiden der Eintönigkeit in den Faltenrichtungen an erster 
Stelle stehen. Kleinlich-knittrige Motive sind auch hier durchwegs vermieden, 
bei allem Reichtum im einzelnen bewahrt der Faltenwurf einen großzügigen 
Charakter und betont die wesentlichen Bewegungspunkte der verhüllten 
Gestalt, zum Beispiel die Knie. 
In kompositioneller Hinsicht ist das Bild von einem abwechslungs- 
reichen Spiel horizontaler und vertikaler Tendenzen durchwaltet, wobei das 
Bett der Maria mit den Figural stark betonten Eckpunkten die Hauptrolle 
spielt. 
Was die Bemalung der Reliefs angeht, so erscheinen außer den roten 
Lippen und dunklen Pupillen, die an fast allen Figuren sichtbar werden, 
spärliche Farbspuren noch in der Darstellung von Christi Geburt: der Hirte 
ganz links trägt einen roten Hut, der in der Mitte eine schwarze Tasche am 
Gurt; die Felsen im Hintergrund haben einen dunkleren Ton. 
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Der überaus reich durchgebildete Giebel (Höhe 715 Meter), der sich 
über dem Schrein wie ein klingender Wald erhebt, besteht aus fünf stärkeren 
und sechs schwächeren Türmen, die untereinander abgetreppt und mit- 
einander durch halbe Eselsrücken verbunden sind. Die drei mächtigsten 
Türme, die über den Baldachinen oberhalb der Hauptüguren des Schreines
	        
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