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Volltext: Monatszeitschrift XVI (1913 / Heft 1)

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im Schreine angetroffen haben. Es ist das nämliche Embonpoint des 
Antlitzes, das nämliche Schmunzeln der vollen Lippen und der gleiche, 
etwas verschwommene Blick aus halbverdeckten Augen (Abb. 56). 
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Der Stil des ganzen Werkes weist nach Franken und innerhalb des 
fränkischen Kunstkreises auf seinen führenden Meister Tilmann Riemen- 
schneidet. 
Zieht man die anerkannt vortreffliche, zusammenfassende Schilderung 
der charakteristischesten Merkmale der Kunstweise dieses Meisters heran, 
wie sie der jüngste Riemenschneider-Monographi entworfen hat, so findet 
man sie Punkt für Punkt auf den Kefermarkter Altar anwendbar. 
Tönnies stellt zunächst fest, daß Riemenschneider kein großer Erzähler 
ist, sich für gewöhnlich mit der Wiedergabe einfacher Zuständlichkeit 
begnügt und bei der notgedrungenen Wiedergabe dramatisch erregter 
Szenen die Handlungsbewegungen und den Emplindungsausdruck seiner 
Gestalten tunlichst mildert. So steht auch am Kefermarkter Altar die ein- 
fache Existenzschilderung der großen Einzeliiguren hoch über der in den 
Reliefs sich aussprechenden Erzählergabe, und die einzige stärker bewegte 
Szene unter den letzteren, der Tod Mariens, ist tatsächlich mehr aufs 
Elegisch-Milde als aufs Dramatisch-Erregte gestimmt. 
Und wieder an jene fünf herrlichen Einzeliiguren muß man denken, 
wenn Tönnies fortfährt: „Über allen seinen Werken liegt eine große Ruhe, 
man möchte sagen Haltung, seine Gestalten sind feinfühlige, wenn auch 
nicht geistreiche Menschen, voller Empfindung." 
„Riemenschneiders Figuren sind durchwegs mager und schlank 
gebildet" (vgl. besonders Christoph, Georg, Florian und die Engel im 
Schrein). „Ihre Haltung, noch in der gotischen Linie geschwungen" (vgl. 
Katharina und Barbara), „ist graziös." „In den Proportionen der Gestalten 
ist auffällig, daß der Oberkörper durchwegs zu kurz im Verhältnis zum 
Unterkörper gehalten ist" (vgl. alle Frauengestalten, Georg und Florian und 
insbesondere jene Engelgestalten im Mittelschrein, auf deren anormale 
Proportionen schon im Vortext hingewiesen ist). „Die schmalen, hängenden 
Schultern, kurzen Arme und dem entsprechend etwas zu klein gebildeten 
Hände mit langen, schmalen Fingern" werden besonders deutlich an den 
Frauengestalten des Altars sichtbar. 
Der Meister „bevorzugt das reiche modische Zeitkostüm, die Rüstung 
der Ritter" (auf den modischen Charakter des Harnisches Georgs und Florians 
wurde schon oben hingewiesen) „und die Amtstracht der Geistlichen" (Wolf- 
gang, Petrus, die Halbfigur rechts und so weiter), „je nachdem der Gegen- 
stand es zuließ oder aber erheischte. Die subtile Wiedergabe des Oma- 
mentes, Schmuckes" (vgl. besonders die I-Iauptiiguren!) „und .der kostbaren 
" Eduard Törmies: „Leben und Werke des Würzburger Bildschnitzers Tilmann Riernenschneider". Straß- 
burg, xgoo. (S. 48 Ff.)
	        
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