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Volltext: Monatszeitschrift XVI (1913 / Heft 2)

ein Hinweis auf neue Möglichkeiten wirkte. Es war ja auch ein vorwiegend historischer 
Gesichtspunkt, der die Anordnung leitete. 
Außer dem großen Vergnügen, das die Betrachtung vieler tüchtiger und wertvoller 
künstlerischer Arbeiten bereitet, bietet das Nebeneinander zeitlich auseinander liegender 
Werke stets auch eine Probe auf die Stichhaltigkeit der Wertschätzung, welche einzelne 
Künstler genießen. Gerade die Porträtmalerei fördert ja nicht immer die besten Kräfte. 
Weite Kreise f und die vom Schicksal am meisten Begünstigten püegen darunter zu 
sein - ziehen bei ihren Porträten die äußerliche Geschicklichkeit des Künstlers seinem 
tiefdringenden Ernst vor. Darum gibt es auch so ungemein viele schwache Bildnisse. Die 
Nachwelt besitzt nicht die Eitelkeit der Besteller. Sie mißt mit anderem Maß. Sie läßt die 
zahlreichen und gefälligen Ruhmredner in der Regel fallen, die der Nachwelt nichts zu 
sagen haben. 
So bot auch diese Ausstellung ein wertvollesNebeneinander gefallener Größen und 
auferstandener Stiefkinder des Schicksals. Der Kunstwert des Gebotenen entschied bei der 
Wahl in erster Linie. Dann war die Unmittelbarkeit und Überzeugungsfähigkeit der 
Darstellung zunächst maßgebend. Die Individualität von Persönlichkeiten eindrucksvoll zu 
verkörpern, gelingt auch den Besten nicht immer. 
Viele der ausgestellten Bilder enthielten diesen seltenen Zusammenklang. Und es 
waren gerade jene Epochen ohne äußeren Glanz, welche am tiefsten aus der Seele zu 
schöpfen und am stärksten zur Seele zu sprechen vermochten. 
Daß einer solchen Vorführung ein tiefer volkbildnerischer Wert innewohnt, konnte 
man an der starken Wirkung beurteilen, die sie ausübte. Trotz ihres anspruchslosen Auf- 
tretens, trotz ungünstiger Räume, die sonst andern Zwecken zu dienen haben, vermochte 
sie eine starke Anziehungskraft zu bilden. Dem Kunstwert der Bilder war dies wohl ebenso 
zuzuschreiben wie dem Zeitbild, das sie vermittelten. 
IE NEUE KUNST IN DER GALERIE MIETHICE. Eine anregende 
Einführung in junge und jüngste Bestrebungen auf dem Gebiete der Malerei wird 
derzeit von der Leitung der Galerie Miethke unternommen. 
Sie bildet eine interessante Ergänzung zur Ausstellung der Futuristen, welche kürz- 
lich in Wien zu sehen war. Diesmal sind Kubisten, Expressionisten und andere Verfechter 
neuer Theorien, neuer Impulse vereinigt, die in Frankreich, Deutschland, Österreich neue 
Wege einschlagen. 
Mit einem berühmten Manet (Bar in den Folies bergeres) und einem prächtigen 
Renoir wird dem Impressionismus als Ausgangspunkt gehuldigt. An diese Werke schließen 
sich nun bekannte vortreffliche Arbeiten Van Goghs und Cezannes, welche bereits weit 
über die Grenzen der reinen und intensiven Naturbeobachtung hinausgehen und (ebenso 
wie jene des nicht vertretenen Gauguin) zu einer Synthese schreiten. 
Es sind reife Werke, die am besten kennzeichnen, was die nachimpressionistische 
Zeit will, der mit der Wiedergabe des Natureindruckes allein, mit dem bloßen Naturaus- 
schnitt nicht gedient ist. 
Insbesondere die Farbenschönheit und Kraft Van Goghs, die doch eine so weit- 
gehende Vereinfachung des Geschauten, eine so starke Konzentration zeigt, leuchtet ein- 
dringlich hervor. An diese Werke reichen wohl die meisten Arbeiten der jüngeren Gene- 
ration nicht heran, obwohl manche unter ihnen intensives Naturemplinden und sichere 
Ausdrucksfähigkeit verraten. Die vom Kubismus ausgehenden Stilleben befriedigen wegen 
der weitgehenden Vernachlässigung der Formbildung wenig, noch weniger die Visionen, 
deren Verständnis nicht ohne komplizierte Aufklärungen denkbar ist. ' 
Dagegen sind Landschaüen, Porträte, Aktstudien vorhanden, bei deren Betrachtung 
man an die Umkehrung des Zolaschen Wortes denken muß, das vom Kunstwerk verlangt, 
es soll ein Stück Natur sein, wie es durch ein Temperament geschaut wird. Hier fühlt 
man Temperamente, die ihren Ausdruck suchen, indem sie in die Natur Einblick gewinnen.
	        
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