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Volltext: Monatszeitschrift XVI (1913 / Heft 2)

Dann erquickt er sich in dem nahen Marburg an St. Elisabeth und bestärkt sich in 
seinem alten Respekt vor Leuten des XIII. Jahrhunderts, „deren Bauten wie lebendige 
Pflanzen aus dem Boden hervorgewachsen schienen". Aber prinzipiell ablehnend verhält 
er sich doch dem Neuen gegenüber keineswegs. Das Leipziger Theater zum Beispiel nennt 
er "einen der stärksten phantastischen Bauaspekte von ganz Deutschland". 
Sehr interessant sind die Ratschläge, die er Alioth gab, als sich dieser der Malerei 
zuwenden wollte; sie sind ein Seitenstück zu denen, die er seinerzeit Böcklin erteilte, von 
welchen aber dieser nichts wissen wollte. „Zu Ihrem Aquarellieren meinen besten Glück- 
wunsch," schreibt er ihm Ende 1881; „ . . . brauchen Sie auch ja Ihren Anteil, nämlich 
Ihre Fertigkeit in der architektonischen Perspektive, welche der cöte faible der übrigen 
Aquarellisten ist, indem dieselben als Maler gebildet und daher in den Architekturen meist 
sehr liederlich sind. Glauben Sie mir, es gibt eine Specialite, Prachtarchitekturen (ganze 
oder ruinierte) mit Staffage oder sogar mit eigentlichen Genreszenen, und diese Spezialität 
wird kaum gepflegt und man kann damit zu etwas gelangen. Vor zweihundert Jahren war 
Johann Baptist Weenixt darin groß. Prächtige Renaissance ä la Mantegna, bauliche Hinter- 
gründe aus den Bildern des XV. Jahrhunderts wären Anlässe hierzu." Das Jahr darauf 
hat ihm Alioth offenbar von dem Entwurf eines „Palasthofes en terrasse" geschrieben; er 
antwortet: „Können Sie mir davon wohl mit drei Strichen eine Idee geben? Ferner ob Hoch- 
format oder Breitformat! Für Phantasiearchitekturen ist Hochformat günstiger! Ferner: 
suchen Sie im Louvre alle Hoch- und Querovalbilder auf und durchdringen Sie sich mit 
dem betreffenden Gesetz - ferner großartigen Barocco bei Mondschein studieren! Ferner 
in irgendeinem Kupferwerk die Ihnen so gut bekannte Gloriette in Schönbrunn wieder ins 
Gedächtnis rufen! Sie sehen, ich werde ein recht unverschämter Ratgeber." Im nächsten 
Brief kommt er auf die Sache schon wieder zurück: „lch erinnerte an die Gloriette in Schön- 
brunn nur, weil sie das einzige uns beiden bekannte reine Phantasiegebilde ersten Ranges 
ist. Und nun kommt etwas sehr Mühsames, nämlich das Ihnen bevorstehende Studium im 
Freien, das Stimmen der Luft zur Architektur, überhaupt die Magie der Aquarellüfte, das 
Spiel der Lichter, „la surface des Steines, Mörtels, Metalles und so weiter." Er empfiehlt ihm 
dann eine Reihe von Themen, schärft ihm ein, die Staffage sehr ernst zu nehmen und so 
fort, ein paar Briefseiten voll von Ratschlägen. Er entschuldigt sich zuletzt: „Ich führe mich 
ganz gräßlich frech auf mit allen diesen Ratschlägen, welche so wohlfeil zu geben sind, aber 
das Ding nimmt mit mir Reißaus!" Leider teilt uns der Herausgeber der Briefe nicht mit, ob 
Alioth diesen Ratschlägen gefolgt und mit Architekturbildern öffentlich aufgetreten ist. 
Jedenfalls kehrte er später wieder zur Architektur zurück. 
Überhaupt ist der Herausgeber mit Noten etwas zu sparsam gewesen. Parallelstellen 
aus den Schriften Burckhardts hätten wohl verzeichnet werden können. Das Register ist 
sehr unvollständig. Die Gloriette zum Beispiel, die zweimal genannt und einmal sehr 
bezeichnend charakterisiert wird, ist weder unter Gloriette noch unter Schönbrunn, noch 
unter Wien zu finden. Auch das Leipziger Theater kommt gar nicht vor. E. Guglia 
ANDBUCH NEUZEITLICHER WOI-INUNGSKULTUR VON ALEX. 
KOCH. Band I-Ierrenzirnmer." In seinen übersichtlichen Bilderserien, die er nach 
Raumgattungen getrennt zu Sammelbänden vereinigt, bringt Alex. Koch nunmehr die 
Räume zur Anschauung, die sich im Wohnhaus aus den speziellen Bedürfnissen des Mannes 
entwickeln. Wo der Hausherr lebt, arbeitet, spielt, liest, empfängt, entwickelt sich unter dem 
persönlichen Einduß seines Geschmacks und seiner Gewohnheiten sowie im Zusammenhang 
mit den Fortschritten unserer Technik eine besondere Raumgestaltung. In dem vorliegenden 
Band ist den verschiedenen Möglichkeiten und Variationen des praktischen Lebens in 
"Es ist das der ältere Weenix (1621-1660). Die Wiener kaiserliche Galerie hat einen „Seehafen" von 
ihm, auch die Galerie der Akademie und die gräflich Harrachsehe Galerie besitzen einiges von ihm. doch kann 
man ihn in der von Burckhardt hervorgehobenen Eigenart in Wien nicht kennen lernen. 
' Verlag Alex. Koch, Darmstadt.
	        
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