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Entschiedenheit ein. Nnr eine Frage ging trotz dieser unschlüssigen Haltung des Königs und
theilweise auch infolge.derselben einer Lösung entgegen. Der Adel verweigerte vielfach der
Geistlichkeit die Entrichtung des Kirchenzehenten, die Geistlichen klagten vor den kirchlichen
Gerichten, erlangten Urtheile, welche auf Excommunication lauteten, und verlangten nun
nach altem Rechte die Vollziehung dieser Urtheile durch Sequestration der im Besitze
der Excommunicirten befindlichen Güter von Seiten der weltlichen Obrigkeit. Dieses
erbitterte den Adel derart gegen die Kirchengerichte, daß er sogar einzelne Geistliche in
Schutz nahm, welche unter Mißachtung des Cölibates Ehen eingegangen waren und durch
das Kirchengericht verfolgt wurden. Die Bischöfe sahen sich gezwungen, in ein Interim
zu willigen, kraft dessen die Grodstarosten bis zur endgiltigen Regelung der ganzen
Frage nicht mehr verhalten waren, das biaelüuui snscularo anzuwenden und die
Urtheile der kirchlichen Gerichte überhaupt zu vollziehen. Dieses öffnete der Glanbcns-
neuerung in Polen alle Thore. Hervorragende Reformatoren, darunter der in der deutschen
Reformationsgeschichte wohl bekannte Pole Johann Laski, ein Neffe des ehemaligen Erz
bischofs von Gnesen gleichen Namens, kamen nach Polen, wo sic sich vor jeder Verfolgung
sicher fühlten; es entstand plötzlich eine reiche Literatur im Geiste der Reformation, der
König nahm selbst an dieser Bewegung regen Antheil, verkehrte mit hervorragenden
Reformatoren persönlich und verhandelte über die Abschaffung des Cölibates und Ein
führung einer polnischen Liturgie mit Rom. Der Reichstag verlangte die Einberufung einer
Nationalsynode, welcher sogar einige Bischöfe nicht abgeneigt schienen. Als aber der König
sich hiezu, sowie zur Einführung der Nationalkirche nicht herbeiließ, nahm ein großer Theil
des Adels und der Stadtbürger den Protestantismus eigenmächtig an. Polen büßte seine
Glaubenseinheit und damit viel von seiner inneren Kraft ein. Der König wußte nicht nach
dem Muster anderer Fürsten, sei es als Gegner, sei es als Förderer der Reformation,
seine Regierungsgewalt zu stärken.
Indessen brach im Jahre 1557 der Krieg mit Moskau um den Besitz von Liv
land aus. Der Krieg, in den sich auch Dänemark und Schweden mischten, erheischte vor
Allem die Bewilligung außerordentlicher Steuern von Seiten des polnischen Reichstages,
wofür aber die Landboten ohne gleichzeitige Förderung ihres politischen Programmes
nicht zu gewinnen waren. Deshalb änderte der König seine Stellung; er neigte sich seit dem
Jahre 1562 zur Reformpartei und förderte auf den nächsten Reichstagen wenigstens
einige Punkte dieser Reform. Zur Einführung der nationalen Kirche konnte er sich nichr
entschließen, trotzdem jetzt sein persönliches Interesse damit verknüpft war. Nach dem Tode
der Barbara Radziwill heiratete er eine Prinzessin aus dem Hause Habsburg, Katharina.
Da ihm indeß diese keine Kinder gebar und da er als letzter Sprößling der Jagieltonischen
Dynastie angesichts des in Polen herrschenden, bis jetzt mehr theoretischen Wahlrechtes,