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Volltext: Monatszeitschrift XVI (1913 / Heft 4)

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täuschen, daß gut angezogene Modelle in historischen Kostümen malerische Fähigkeiten 
nicht ersetzen können, daß die Innerlichkeit zur Beseelung religiöser Probleme heute 
seltener wie jemals auftritt. 
Und dann das Überwiegen von Porträten mondäner Schönheiten nach alten englischen 
und französischen Vorbildern, mit den unzähligen Varianten von Atelierrequisiten, die stets 
neue Sensationen äußerlichster Art bewirken wollen. Man weiß, daß gerade diese Arbeiten 
gesellschaftliche Ereignisse, unerschöpflichen Gesprächsstoff der Salons bilden und für 
einzelne auch erhebliche materielle Vorteile mit sich bringen. Diese Absichten merkt man 
leicht, und sie verstimmen um so mehr, als die Arbeiten, welche ihnen dienen, unzweifel- 
hafte Geschicklichkeit in der äußeren Mache besitzen, zeichnerische, maltechnische, farbige 
Fertigkeiten zeigen H nur keine höhere künstlerische Qualität. 
Unter diesen lauten und vordringlichen Stimmen leiden die ruhigen und gediegenen, 
die verstreut in den einzelnen Sälen zu finden sind. Da sind einige interessante Gäste wie 
Opsomer (Lierre), l-Iambüchen (Düsseldorf), Liebermann (München), Gr. Blahy (München), 
Kunwald (Pest), Pick (Baden) zu nennen, die man mitunter recht abseits gehängt hat. 
Dann sind alte Stützen der Genossenschaft wie Tina Blau, M. Egner unter den Damen; 
Stauffer, Js. Kaufmann und andere mit diskreten, aber ernsten Arbeiten. Eine frische Kopf- 
studie Jungwirths erfreut mehr wie die großen figurenreichen Bilder, die innerlich so 
arm sind. Ähnliches erlebt man bei der Plastik, wo Minnes Studienkopf die gefälligen, 
glatten Arbeiten anderer so weit überragt. Nur Wollek vermag durch seine persönliche 
Eigenart daneben zu erfreuen. 
Es ist leicht erklärlich, daß der Hagenbund mit seiner gewählteren, ernsteren Kollek- 
tion und dem geschlosseneren Eindruck sehr im Vorteil ist. Die dekorativen Arbeiten 
Barwigs beherrschen die vorgefiihrte Plastik durch ihre gediegene Ruhe und Sicherheit, 
während Laske mit seinen trefflichen Städtebildern und seinem amüsanten Bild des 
heiligen Franziskus von Assisi durch sein bewegliches Talent hervorsticht. Michl und Graf 
haben von den Franzosen viel gelernt; ebenso scheint O. Nejedly mit interessanten Studien 
aus Ceylon von Paris (oder Tahiti) angeregt zu sein. Wenn solche Anregungen persönlich 
verarbeitet werden, bilden sie eine wertvolle Schulung. 
Unter dem Einfiuß einer solchen stehen die meisten Arbeiten dieser Künst1ervereini- 
gung, die ein gutes Niveau standhaft bewahrt, trotzdem der Kampf um ihre künstlerische 
Überzeugung so große Opfer fordert. 
Je mehr die leicht verkäufliche gefällige Produktion reussiert, desto anerkennens- 
werter wirkt die Standhaftigkeit, die künstlerische Werte hochhält. Es ist eine Aner- 
kennung dieser Werte, daß die einst schroffen Gegensätze zwischen alter Genossenschaft 
und jüngerer Verbrüderung nun durch Gastfreundschaft ausgeglichen und zurückgestellt 
wurden. 
ALERIE MIETHKE. Im Parterre waren Franzosen, im ersten Stockwerk ein 
alter Wiener Meister neu zu sehen. Man kann nicht sagen, daß die Auswahl der 
Vorführung ihre besondere Note hatte. Man muß sogar bedauern, daß von dem so lange 
produktiven Renoir Werke gezeigt werden, die bedenklichen Mangel an Qualität besitzen. 
Der Kunsthandel ist bei großen Namen nicht sehr wählerisch. Es finden sich leider auch 
allzu oft Sammler, für die der Name und nicht die Qualität maßgebend bleibt. 
Jene aber, die so gerne das Interesse für französische Kunst als reines Kunsthändler- 
manöver bezeichnen, haben leichtes Spiel, wenn man wie hier von Renoir, Puvis de Cha- 
vannes, Manet und andern Dinge sieht, welche die Künstler selbst der Öffentlichkeit vor- 
enthalten hätten. 
Einige feine jüngere Franzosen entschädigen für den Nachteil, der hier der älteren 
Garde erwächst. 
Auf Waldmüllers großes Familienbild konnte man mit Recht gespannt sein, nachdem 
die Ößentlichkeit so nachdrücklich auf die Entdeckung und Erwerbung dieses Bildes auf-
	        
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