Wirkung zu bringen. Arbeiten van de Veldes wären hier gleicherweise
heranzuziehen wie solche Olbrichs, Behrens' oder Hoffmanns. Ohne daß der
Künstler über den Techniker das Übergewicht gewonnen hätte, wäre ein
Vorschritt unmöglich gewesen.
Die bisherige Erörterung bezog sich auf Beeinflussungen breiter und
tiefgehender Natur, jeweils hervorgerufen durch die allgemeine Lage in der
Kunst. Es gibt aber auch Einwirkungen, die nur von der Übermacht einer
künstlerischen Erscheinung ausgehen. Rubens in seinem Verhältnis zum
gleichzeitigen belgischen Kunstgewerbe wäre hier vor allem zu nennen":
Wirkungen dieser Art können ganz ohne direkte Absicht der Künstler selbst
erfolgen, wenn ihre Ausdrucksform mehr oder weniger Gemeingut geworden.
Wir sprechen von einer Michelangeloschen Richtung im italienischen Möbel,
wir sehen in den Istoriati-Majoliken die Übertragung des Michelangelesken
großen Gedankens der Verdrängung des Omarnentes durch die menschliche
Gestalt auf die Keramik und finden als Reaktion gegen diese Richtung die
Kunst eines anderen großen Meisters, lange nach seinem Tode, ausgespielt:
die Groteskomamentation Raffaels.
Von Lionardo sind kunstgewerbliche Entwürfe erhalten. Auf ihn geht
das von Dürer kopierte und auch von anderen deutschen Ornamentisten auf-
gegriffene Knotenwerk zurück. Degengriffe, ein reichornamentierter Zirkel,
eine Tasche, Embleme, Geschützläufe, ein Gitter, Buchstaben und anderes
finden sich unter Lionardos Zeichnungen. Die Dekoration der Sala delle
Asse ist von höchstem Interesse. Wie weit etwa Festdekorationen und
Kostümiiguren des Meisters Einiiuß nahmen, läßt sich heute freilich nicht
mehr feststellen. Man wird aber weit mehr als bisher den kunstgewerblichen
Entwürfen und Zeichnungen großer Meister nachgehen müssen. Sie bergen
stets Probleme in sich, die abseits der breiten Bahn des Handwerklichen
liegen, und bilden die fruchtbarste Unterlage für ein durchgeistigteres Er-
fassen des kunsthandwerklichen Schaffens einer Zeit.
Es kann nicht Aufgabe dieser ersten knappen Behandlung der Frage
sein, im einzelnen auf all die Fälle hinzuweisen, wo Künstler als bloße Mit-
arbeiter im Kunsthandwerk erscheinen. Besonders in Italien sind frühzeitig
namhafte Künstler zu den verschiedensten kunstgewerblichen Arbeiten
herangezogen worden. Es sei nur, auf dem textilen Gebiete, an Muster-
zeichnungen Jacopo Bellinis für Gewebe und an Prachtstücke der Webe-
kunst von Antonio Pollajuolo erinnert." Es sei ferner die Beteiligung
bedeutendster Künstler an der Ausschmückung der Cassoni erwähntfi"
Nur auf jene Tatsache muß noch etwas näher eingegangen werden,
durch welche die Einwirkung der Künstler auf das Kunsthandwerk zu einem
direkten System erhoben wurde: auf die Kunstförderung Ludwigs XIV. durch
Begründung der Manufacture royale. Zum Übergewicht der künstlerischen
t Seinen hat autokratischen Eintiuß schildert Dreger in „Illustrierte Geschichte des Kunstgewerbes",
Berlin, II, Seite 7 und 83.
i" v. Falke, „Kunstgeschichte der Seidenweberei", Berlin, 1913, II, Seite 93 und 1x4.
"H Schubring, „CassaniW Leipzig 1915-