auditus sed visus iudicatm" nennt er es. Er besieht es sich genau, er
beobachtet, daß jede Inschrift „per gypsam rubro marmori infusa" ist und
schätzt die Schönheit und sorgfältige Arbeit mit den Worten: „Hoc totum
opus ita artiliciose formatum est, ut omnes manus digiti ora leonum excausta
comprehendi et transiri dignis possint leonum etiam et aquilarum oculi veros
habebant et preciosos aliqualiter lapidesfk)" Und schließlich vergleicht er
das Werk mit der Kunst seiner Zeit: Hoc sepulchrum marmoreum plane
elegantissimum et omnino artificiosum rarum opus est ita affabre sculptum
ut artificum ingenia moderna superet et in admirationem rapiatfwf Dies
Abb. 7. Schmalseite des Stiftergrabes im Kloster Seeon
Urteil aus einer Zeit, deren künstlerische Anschauung grundverschieden war
von jener, in der das Denkmal entstand, würdigte also vor allem die subtile
Arbeit. Abt I-Ionorat Kolb hatte 1637 sich selbst ein Epitaph von zwei sehr
tüchtigen Meistern, Martin und Michael Ziern, meißeln lassen, ein für seine
Zeit vorzügliches Werk, dessen Bedeutung im Dekorativen und Malerischen
wie die ganze damalige Plastik liegt-f. Gerade mit Hinblick auf dieses Werk
erscheint das Urteil des Abtes doppelt interessant. Wie viele mittelalterliche
Grabmäler Helen dem veränderten Geschmacke des XVII. und XVIII. Jahr-
hunderts zum Opfer. Hier erhebt sich ein Schöngeist über die Mode- und
" Clm. x458, pag. 1x31, 134, m5.
"K Clm. X458, pag. 1x31.
"v" Clm. 1458, pag. 1x32.
1- Die Kunstdenlcmale des Königreichs Bayern, 1., S. 1848.