Abb. 30. Grabplatte des heiligen Rupertus zu St. Peter in Salzburg
läßt. Über den Meister selbst fehlt jede Nachricht, aus stilistischen Gründen
aber wird man ohne weiteres annehmen dürfen, daß, wenn er nicht ein un-
mittelbarer Schüler oder ein erheblich jüngerer Geselle Hans Heiders war,
er doch im Banne seiner Kunst stand und seine Werke gekannt hat. Was
er vor allem bei ihm lernen konnte und gelernt hat, war der kräftige Relief-
stil und die routinierte Technik. Daß er aber nicht in einem gewöhnlichen
Kopisten- und Nachbeterverhältnis zu dem Seeoner Meister stand, sondern
mit seiner Zeit fortschritt, freilich ohne seine Kunst zu jenem formalen und
seelischen Reichtum Simon Heiders zu steigern, bedarf nicht weiterer Be-
lege. Die Holzplastik Salzburgs weist für diese Zeit einige Figuren von ent-
schieden innerlicher Vertiefung auf, so unter anderem einen Christus und
die zwölf Apostel in Schellenberg und eine anmutige Madonna aus Hallein
in der Sammlung Zwerger-Schwankel in Salzburg.
Für die Beziehungen der Chiemgau-Gruppe, insonderheit des Meisters
Hans Heider zu Salzburg scheint mir noch das prächtigste heraldische
Werk Salzburgs zu sprechen, der Grabstein des Bürgermeisters Martin
Räutter, gestorben 1416, an der St. Margaretenkapelle des St. Petersfried-
hofes (Abb. 29). Der Reiz des Werkes liegt neben der eleganten Zeichnung,
mit der das I-Iauptwappen in den langgezogenen unregelmäßigen Mehrpaß-
rahmen gestellt ist, in dem kräftigen Hochrelief und dem reichen Wechsel
von tiefen Schatten und flimmemden Lichtern, namentlich aber in der origi-
nellen Helmdecke und dem Wurzelgewirr des Baumstammes. Das sind die-
selben Mittel, mit denen Heider das Bahrtuch Aribos umsäumte, und
unmittelbar an ihn erinnert auch die exakte Durchbildung der beiden Hände
des Kleinods mit den scharf abgesetzten Fingergelenken, den feinen Nagel-
bettungen und der schmalen I-Iandfessel. Rührt, wozu ich stark hinneige,
der Grabstein, dem Salzburg nichts Ähnliches an künstlerischer Vollendung
und routinierter Technik an die Seite stellen kann, nicht von Heider selbst
her, so entstammt er zum mindesten seinem Werkstattbetrieb." Auch
' Der veränderte Schnitt der I-lelmdecke dürfte kaum gegen Hans Heiders eigene Hand sprechen.
Heider verharrt ja nie, wie die meisten der späteren handwerksniäßigen Heraldiker-Steinrnetzen es tun, bei
einem einmal erprobten Rezept, sondern liebt die Abwechslung. Ihm sagt jeder Deckenschnizt zu, der seinen
künstlerischen Absichten entgegenkomrnt. Übrigens zeigt auch das Einhorn des einen kleineren Wappenbildes
dieselbe Mähne wie der Drachenkopf des Trenbecksteins in Haslach.