Eine solche stellt sich dar in dem „Cines Nollendorfpla " von Oskar Kauffmann,
dem Schöpfer des Hebbel-Theaters und des Bremerhavener Stadttheaters.
KauFfrnann ist wahrhaft ein Baumeister darin, wie er sein Thema voraussetzungslos
von innen erfaßt und seine Eigenart dann wesenhaft mit organischen Mitteln zum Aus-
druck bringt. Beim Kino ward ihm als charakteristischer Ausgangspunkt die Fenster-
losigkeit bestimmend.
Er pHanzte also einen gedrungenen Würfel aus Blöcken hin, groß und breitilächig, in
dem strengen Mauerwerk an Ägyptisches erinnernd. Aber glücklich wird dann doch das
tempelhaft Pathetische, das ja wenig sinngemäß dieser Schaubühne wäre, aufgelockert und
illuminiert.
An den Seiten zieht sich außer dem Gesims in Nischen durch Lisenen geteilt eine
Reihe Figuren von Metzner, die in der Art dieses Künstlers, durchaus Architekturglieder,
lastentragende Gestalten sind und bewußt in ihrer Eckigkeit und in der spröden Härte
herausgerenkter Gebärde das Steingebundene bekennen.
Ein doppelt abgewalmtes Dach, grün gestrichen, deckt den Würfel oben zu, und
darüber schwebt, auf einem gleich einem Turmansatz herausgeschickten Rundsockel ein
metallischer Gitterkranz wie eine Aureole, ein Filigranreif mit den durchbrochenem orna-
mentalen Buchstaben: „Cines Nollendorfplatz".
Die schmückende Nuancierung kam vor allem dem I-Iauptportal zugute. Zwischen
den massigen Pfeilerbreiten wölbt sich in weicher Kehlung eine steinerne Nische nach
innen. Und aus dieser Konkave rundet sich in halber Höhe wieder konvex heraus das
Portal. Schlimm in ihrer feisten und doch so ärmlichen Allegorie geriet hier leider die
bekrönende Skulptur der Mutter Erde. Dagegen reizend und voll lustigen Spieltriebs die
plastische Vignettenzier: auf den Pfeilern des Portikus vertikal aufgereihte Bambini, die
wie an einer Schnur zappelnd wippen und auf dem l-lalbbogen der als Architrav darauf
liegt, der Horizontalfries eines derb stampfenden Volkstanzes.
Die eigenste Akzentuierung bekamen jedoch die jene Portalnische flankierenden
Pfeilerbreiten. In ihr Mauerwerk wurden in der ganzen Höhe links und rechts Langstreifen
farbiger Verglasung inkrustiert.
Abends von innen transparent erleuchtet, wirken sie in ihrem auf die Straße hinaus-
reHektierten Fuoco wie phantastische Plakate, feurige Lichtspiele, optische Kinofanfaren;
und dabei stimmen sie, in der kathedralischen Wirkung der glühenden Glasmosaik im
steinernen Rahmen gefallt, auch wiederum zu dem gewissen monumentalen Rhythmus
des Baukörpers. Der Innenraum packt durch starke farbige Reize. Gelb, Grün, Lila, Schwarz
klingen symphonisch zusammen. In dem gelbweißen Grundton des Hauses breitet sich
schwer und weich das Violett des Gestühls und der Vorhänge in den Logenausschnitten
und schwungvolles Raummotiv ergeben die Wangen der seitlich vom ersten Rang ins
Parkett führenden festlichen Treppen. F, P,
BADISCHE VOLKSKÜNST. ln einer Sonderausstellung des Berliner Kunst-
gewerbemuseums produzieren sich Schwarzwalderl-leimatskünste. Das großherzoglich
badische Landesgewerbeamt, Filiale Furtwangen, hat sie ausgewählt und die Erzeugnisse
der Hausarbeit durch industrielle Fabrikate in der Art der älteren Volkskunst begleitet.
Ohne sie wäre die Ausbeute vielleicht reiner gewesen.
Stimmunggebend wirkt die Vitrine mit den Trachtenpuppen, die meist charak-
teristisch modellierte Köpfe haben. Die Schwarzwälderin in allen Lebenslagen. Die junge
Braut im spreizigen Rock mit der Flitterkrone, die Mutter mit dem Wickelkind, alte
Hutzelweiber in starrender Kirchgangsseide. Eins trägt unter dem Arm ein Strohbündel
und von der Hand hängt eine geflochtene Strohborte. Das führt zu einem Hauptzweig
dieser Hausindustrie, zur Strohüechterei, die in Anknüpfung an alte bodenständige
Tradition in den Schulen von Furtwangen und Gütenbach geübt ward. Aus dem Stroh,
das in der gelben Naturfarbe belassen wird, fertigt man Dosen, Schachteln, Körbchen.