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Volltext: Monatszeitschrift XVII (1914 / Heft 1)

est. 1043 Cripta sanctae Erindrudis dedicata est. Liutoldus praepositus 
obiit. Als im Westen die Annalistik andern Formen historischer Aufzeich- 
nungen Platz zu machen beginnt, da kommt sie in der Ostmark und ihrem 
Nachbarland erst recht zur Geltung und zur Blüte. Kremsmünster (Hs. 375), 
Lambach (Hs. 373) schließen sich Mitte des XII. jahrhunderts dem Beispiele 
Melks an, Garsten (Hs. 340) und Salzburg (Hs. 2090) folgen nach. Auf Wiener 
Boden sind die Jahrbücher der Schotten (Hs. 926) entstanden, in Wiens 
unmittelbarer Nähe, in I-Ieiligenkreuz, die für die Geschichte des Aufkommens 
der Habsburger in der Ostmark hochwichtigen sogenannten Wiener Annalen 
(continuatio Vindobonensis Cod. 352). Eine Salzburger Handschrift astro- 
nomischen Inhalts, in der Literatur 1143 datiert, bringt zum erstenmal in 
Europa (von Spanien abgesehen) die Formen der arabischen Zahlen. Unter 
den österreichischen Chronisten des XIII. und XIV. Jahrhunderts steht neben 
Hermann von Altaich, der Jans Enenkel, der sogenannte Gregor Hagen 
(Chronik der 95 Herrschaften) und Ottokar von Steier. Alle genannten 
Handschriften haben keinen oder mehr als bescheidenen Buchschmuck in 
Form von rohen Federzeichnungen. 
Eines der schönsten Beispiele österreichischer Miniatunnalerei in dieser 
Ausstellung ist der Stammbaum der Babenberger (Abb. I0), welcher der 
Abschrift der sogenannten Klosterneuburger Tafeln (Genealogie der Baben- 
berger) von Ladislaus Sunthaim beigegeben ist (Cod. 8700). Er galt für eine 
Kopie des XVI. Jahrhunderts nach dem großen Stammbaum, einem Tafelbild 
von 4 Meter Seitenlänge in der Schatzkammer des Stiftes Klosterneuburg." 
Öernik hat im V. Band des jahrbuches des Stiftes Klosterneuburg die Ver- 
mutung ausgesprochen, daß der Illuminator der Sunthaim-Tafeln und der 
Maler des großen Stammbaumes dieselbe Person und vielleicht mit dem in 
Klosterneuburger Rechnungen 1491 genannten Maler Hans Part identisch 
sei. Dafür spricht beim ersten Blick die große Ähnlichkeit in der Darstellung 
der weiblichen Angehörigen des Hauses Babenberg (Abb. n) in den Tafeln 
und im Stammbaum und das Ornament. Nun findet sich in der Miniatur der 
Hofbibliothek oberhalb der Wurzeln des Stammbaumes das Monogramm I-P., 
das ich als Hans Part lese. Die Miniatur in der Handschrift 8700 gewinnt 
dadurch an Wert, als sie nicht eine bloße Kopie des Tafelbildes ist, sondern 
vom Illuminator in sehr vielen Details selbständig variiert wurde. Namentlich 
unterscheidet sich hier die durch jagdszenen belebte Landschaft zwischen dem 
Stifte Klosterneuburg und dem Leopoldsberg, in welcher der Stammbaum 
zu entspringen scheint (Abb. 12), wesentlich von jener im Tafelbild. Während 
im letzteren der Blick zum Stift über prächtige Wiesen am Walde vorbeiführt 
und die rechte Ecke von weidendem Wild belebt wird, verschiebt sich in 
der Miniatur die Darstellung des Stiftes, an dem die schiHbare Donau vorbei- 
fließt, in diese Ecke, umgeben von einer kahlen Landschaft. Kleinere Varia- 
tionen kommen in den Darstellungen aus der Geschichte einzelner Baben- 
berger in den zu Medaillons sich formenden Ästen des Stammbaumes vor. 
" Abbildungen bei Drexler-List: Talelbilder aus dem Museum des Stiftes Klosterneuburg.
	        
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