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sicher und suggestiv zum Wesentlichen des Eindrucks und erläßt ihm das unbedeutende
Detail, das Zufällige.
Zu den eindrucksvollsten Arbeiten gehören die schönen lnterieurs von F. Schmutzer
in Kreide und Bleistift, die eine so starke und abgeschlossene Wirkung besitzen, wie sie
nur immer auf graphischem Wege erreicht werden kann. Hier ist aus dem Material das
Beste geholt.
An diese graphischen Arbeiten ist ein Interieur angereiht, das den geschmackvollen
Dagobert Peche als Raumkünstler wie als Graphiker in seiner eigenartigen Weise reprä-
sentiert.
NTERNATIONALE SCHWARZ-WEISS-AUSSTELLUNG. Der aka-
demische Verband für Literatur und Musik, der sein so verdienstvolles Wirken auch auf
das Gebiet der bildenden Kunst ausdehnt, hat mit einer internationalen graphischen
Ausstellung ein sehr erfreuliches Unternehmen ins Werk gesetzt.
In sehr umfassender Weise ist durch dasselbe gezeigt worden, was heute in allen
führenden Ländern auf graphischem Gebiete geleistet und erstrebt wird und da es sich
vielfach um ganz unverbrauchte und noch jugendliche Vorkämpfer für neue künstlerische
Anschauungen handelt, denen noch keine Gelegenheit die Aussprache im großen Stil
ermöglichte, so drückt sich hier auch das neue Wollen überhaupt zum erstenmal
übersichtlich aus.
Es ist ein internationaler Chorus, der vernehmlich und eindringlich für die
Anschauungen der jüngsten Künstlergeneration Wertschätzung und Verständnis fordert.
Ein Vorbote dieses Unternehmens war der „Blaue Reiter", der 191a von Kandinsky und
Marc bei Piper in München herausgegeben wurde - dem Andenken Tschudis gewidmet.
Was dort mutig begonnen und durch bildende Künstler erklärt und begründet wurde,
erscheint nun erweitert und vertieft in einer Ausstellung vorgeführt, die einen unmittel-
baren Kontakt mit den Kunstwerken ermöglicht. Der interessante Katalog bringt auch in
dem anregenden Gespräch über Graphik von E. A. Reinhardt das Wesentliche, was
dazu dienen mag, weitere Kreise in die Anschauungen und Absichten der jüngeren
Künstlergeneration einzuführen. Auch hier sind die Äußerungen bildender Künstler über
ihre Kunst das Maßgebende.
Die österreichische Gruppe erscheint mit G. Klimt an der Spitze, der seine alte
Führerstellung auch heute noch sicher behauptet. Bert. Löffler und Emil Orlik, Adolf
Hölzel, Anton Hanak (Bildhauer) gehören zu den offiziell anerkannten Größen, wenn
auch zweien von ihnen erst durch Deutschland die verdiente Anerkennung wurde.
Aus der jüngsten Wiener Generation ragen O. Kokoschka, F. A. Harta, P. v. Gütersloh,
E. Schiele, E. Lang hervor; dem Letztgenannten fällt auch noch das Verdienst zum großen
Teil zu, diese Veranstaltung durchgesetzt zu haben. l-lartas Absichten, die Bewegung durch
kühnes Verlassen der normalen „Richtigkeit" der Zeichnung darzustellen, bildet ein
auffallendes Symptom der revolutionierenden Bestrebungen, die über bisher Erreichtes
hinausgehen. Ebenso sind jene Farbendichtungen Güterslohs, denen jeder Naturalismus
fremd ist, charakteristisch für die Tendenz, gleichzeitige Vorgänge zu verbinden,
mystischen Einflüssen nachzusinnen. Kokoschka ist durch eine ganz trellliche Porh-ätfolge
vertreten. Daß nicht mehr ein einziger Standpunkt des Beschauers festgehalten, sondern das
gleichzeitige Darstellen wechselnder Standpunkte gestattet wird; daß nicht das unmittel-
bare Geschaute, sondern das innerlich Erlebte und Gewollte in den Vordergrund tritt. ringt
sich durch. Wir haben es vorwiegend mit „Ausdruckszeichnungen" zu tun, die nicht eine
bloße Arbeitsnotiz bilden. Diese nennt der Maler des Vorwortes richtig „Werkzeichnungen",
sie sind in dieser Ausstellung vermieden. In dem Streben nach Prägnanz des Ausdrucks,
Vereinfachung der Mittel sind K. Hofer, J. Stursa erfolgreich; sie zeigen, wie wenig
Aufwand nötig ist, um Wesentliches darzustellen. Das Visionäre und das Phantasieerlebnis
tritt bei Barlach und andern in den Vordergrund des Schaffens.