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zufällig erscheint und sehr leicht irreführt. Gewisse Hauptzüge der Ent-
wicklung konnten trotzdem schon seit längerem erkannt werden und müssen
heute wohl als feststehend gelten, so die Wichtigkeit der östlichen Mittel-
meerländer für die spätantike und frühmittelalterliche Weberei, die Bedeutung
der sassanidischen und später der muhammedanischen Entwicklung, der
Einfluß chinesischer Kunst mindestens seit der Mongolenzeit," die Bedeutung
Luccas, Venedigs, später Lyons und so weiter. Aber trotz der früher
genannten Arbeiten, vielleicht gerade infolge des Versuches der Zusammen-
fassung, erkannte man auch gewaltige Lücken; so insbesondere zwischen den
spätantiken Funden Ägyptens und der
eigentlichen byzantinischen und muham-
medanischen Zeit und dann vor allem in
der frühitalienischen Entwicklung. Sehr
unzusammenhängend war auch unsere
Kenntnis spanischer Kunst.
Auf all diesen Gebieten bringt Falke
außerordentlich viel Neues und Wichtiges,
oft Grundlegendes. Natürlich muß er sich
vielfach auch mit Annahmen behelfen, die
oft sehr kühn erscheinen mögen, aber als
„Arbeitshypothesen" jedenfalls aufklärend
und ungemein anregend wirken.
Gegenüber der manchmal offenbar
zu weit getriebenen Ableitung aus dem
Oriente ist Falke bestrebt, so viel als
möglich aus der inneren Umgestaltung
der griechischen Welt und später aus der
italienisch-gotischen Entwicklung zu ge-
Regensburger Gewebe, XlILjahrhundert, nach winnerh Man Sagen' daß Sein Stand-
paik. punkt sehr „europäozentrisch" ist; doch
war dies vielleicht nötig, um den erwähn-
ten Einseitigkeiten ein Gegengewicht zu bieten, woraus sich in manchem
ein Ausgleich ergeben wird.
Um seine Beweise führen zu können, mußte Falke natürlich sehr ins
Einzelne dringen und konnte auch der Polemik nicht aus dem Wege gehen."
Gerade die ältesten Zeiten der Seidenweberei des Mittelmeergebietes
konnten nur durch sehr eingehende Erörterungen über die bisherige Kennt-
" Vgl. Dreger, a. a. 0., S. 12x B".
"(i Wobei Falke bei seinem Leser die Kenntnis der Arbeiten der andern voraussetzt. Losgerissen könnten
manche Hinweise leicht falsch verstanden werden, besonders da die andern Autoren zumeist in der Polemik
erwähnt werden. So möchten wir Leser des Falkeschen Buches, die unsere Arbeit nicht kennen, auf folgende
Stellen hinweisen: A. a. 0., S. 36. „Von Ostasien her ist der Einfluß auf die Formensprache des Mittelmeer-
gebietes aber wohl nicht oder nur in sehr beschränktem Maße erfolgt. Immerhin mögen einzelne Motive . . . . ."
Dann in "Kunst und Kunsthandwerk", rgro, S. 458: „Vereinzelte ostasiatische Einflüsse lassen sich wohl schon
seit dem frühen Mittelalter in der vorderasiaiischen Kunst feststellen; aber durchgreifende Bedeutung . . . . . . .
gewann Ostasien erst seit . . . . der Mongolenzeit." Andere Autoren sind allerdings weiter gegangen. Wir haben
übrigens auch auf Indien hingewiesen, dessen künstlerischer Zusammenhang mit Persien wohl unleugbar ist.