daneben wie der Schüler seines Rabbi über die Schrift gebückt das talmudische
Gesicht des Kant-Editors Cassirer); ferner KardorE, Fritz Rhein. Verblüffend wirkt
die Zeppelin-Type Pankoks: Der Graf ganz blau gekleidet im lichten blendenden Luftraum
seines Fahrzeuges. Plakathaß: ilächig ist der Effekt. Die Modellierung des Hauptes geht
darüber noch hinaus. In ihrer knollig-wulstigen Technik gleicht sie den Vexierkunst-
stücken, die aus Kokosnüssen oder Kork physiognomische Witze schnitzeln. Und in
jedem Fall bleibt der Eindruck schief karikaturhaü. Eine gelungene pathologische Studie des
Alters bietet Wilhelm (Mannheim) mit dem knochigen Greisenkopf, schaukelnd auf dünnem
gelben Kondorhals.
Ganz besonderes Gepräge zeigen die Bildnisse von Max Oppenheimer (MOPP signiert).
Kokoschkas Art verwandt, entwickeln sie aus einem kubistisch geschachtelten, gefalteten
Flächenhintergrund scharf geschnittene, mit sparsamen Mitteln auf das Wesentliche sum-
mierte Gesichter. So E. E. Schwabach, den jungen, reichen Mäzen der jungen Lyrik von
den „Weißen" (keineswegs aber unbeschriebenen) Blättern, dessen Kopf über dem kalei-
doskopischen Zusammensetzspiel von Büchern und Papier und bundmarkig beüaggten
Kuverts aufsteigt, fast wie ein Mond oder vielleicht für die Schreibenden mehr noch als
die lebenspendende Sonne. Viel frappanter und zwingender scheint das „HeB-Quartett":
die Bogenstriche übersetzt in schwirrende Linien voll nervöser Überschneidungen; die
Notenblätter mit den schräggestellten Pulten in ihrer iiächigen Mathematik geben, im
Raum verschwebend, eine gewisse rhythmisch wallende unmaterielle Sphäre, aus der dann
um so markanter die Häupter der Musiker als ruhende Pole herausragen.
So wären wir bei den Jungen, die zu neuen Ufern wollen. Nicht immer auf see-
tüchtigen Schiffen und häufig nur mit den a la mode-Allüren der Originalität. Heckel,
Kirchner, auch Schmidt-Rottluf, noch mehr Stüdemann mit seinen biblischen Glieder-
puppen kompromitüeren sich mit der mühsam pedantischen Schludrigkeit ihrer formalen
Primitivitäten und ihrer farbig knallgrellen Exzesse par force. Janthurs Robinson gefällt
sich in der spärlichen Einfalt ethnographischer Schnitzerei von Lappen und Eskimos in
Waliischbein. Berneis' großwandiger Liebesakt in den Wolken ist trotz der brünstig ver-
klammerten Leiber recht ohnmächtig. Erhaschter, voll Bewegungselan wirkt dagegen die
flüchtig huschende Impression der Rennpferde, ein jagendes Schattenspiel.
Pechstein taucht Mutter und Kind allzu blutdürstig in eine kolorisüsche Lohe von Rot
und Grün, die seine Gestalten schier versengt und auffrißt. Diszipliniertere Farbenwol-
lüste baden Kisling aus (die schwarzmähnige Näherin), Macke mit seinen Miniaturen von
Garbenschnitten und Booten, komponiert wie aus Buntpapier- oder trikolorigen Fahnenband-
streifen; Segall mit seiner Schlafenden in gotisch starrwinkliger Nischenhaltung von Kopf
und Arm in glühendem Gelb und Blau von rotem Hintergrund, dem Schmelz von Glas-
bildern nahe verwandt. Rosam und Feininger betätigen sich ausgesprochen kubistisch.
Ihre Aufnahmen von Brücken, Schienen, Landstraßen transponieren alle Formationen vbn
Bergen, Wipfeln, Wolken ins Prismatische und nutzen die kantigen Flächen für malerische
Lichtbrechung aus.
Ohne solche Rezepte zeigt sich feine eigene Handschrift in Waetjens rotblusiger
Sitzenden in mattblauem Sessel voll erlesener Geschmackskultur; in Lederers blaßtonigen
Landschaftswintermärchen, aus zart rieselnden Farbenfiden gewebt, gobelinhaft, und
dazu stimmend in matten grau-grün-gelben Tönen, wie gewirkt in „Teppich und Tapete"
die tiguralen Visionen von Otto Müller. Pascin bringt die gewohnten und doch immer
wieder schmeichlerischen kleinen Entzückungen der jeunes iilles, kätzchenhaft kauernd,
kuschelig in Sofa, Bett und Sessel mit Knospenbrüstchen unterm Kinderhemd, Variationen
zu gewissen Freundinnen-Sonetten Verlaines.
Bestrickend blicken Hans Purrmanns Blumen. Er weht von Iris, Calla, Tulpen mit
sublimem Strich nur den Farbenduft, nur die Ahnung ihrer Existenz hin, gewissermaßen
ihren Astralleib und erfüllt gegenüber den Systematikern und Prograrnmrednern schön
die Goethesche Forderung: „Nur ein Hauch sei Dein Gedicht." Interessant ist's, damit das
an