die Inschrift trägt: „SVM SPECVLVM VITE IOHANNES GMAINER ET
RITE TALES VOS ERITIS FVERAM QVANDOQ' QVOD ESTIS 1482"
(Abb. 46). Ein Kelch neben der jahrzahl deutet darauf hin, daß dieses krasse
Bild der Vergänglichkeit einem Geistlichen gewidmet ist!"
Das letzte Werk des Meisters Erhart endlich, den Grabstein für Wilhelm
Zeller, gestorben r491, und Margarethe Zeller, gestorben 1478, treffen wir
wieder in der Karmelitenkirche zu Straubing, der Sepultur der Familie Zeller.
Unter einer Kielbogenarchitektur mit zwei Bahrtuchhaltern - das Motiv ist
fast ganz genau von dem Nothaft-Stein herübergenommen - stehen der
grämliche Wilhelm Zeller in einer Schaube mit Pelzkragen, die Hände zum
Gebet gefaltet, und seine anmutige Frau Margarethe (Abb. 47)." Im wesent-
lichen behielt der Bildhauer die Anordnung der Figuren auf dem Breu-Zeller-
Stein bei, nur daß er ihre Plätze wechselte, im übrigen aber überragt das
spätere Werk jenes ältere um ein wesentliches. Besonders suchte er tiefer
in die charakteristischen Eigentümlichkeiten der Köpfe einzudringen
(Abb. 48). Der Barbara Zeller gegenüber mit ihrem ziemlich nichtssagenden
Gesicht erscheint der sinnige Ausdruck der Margarethe Zeller mit ihren
etwas müden Zügen unverkennbar wahrer und individueller, und auch der
Wilhelm Zeller gewinnt gegenüber dem Wolf Breu an Glaubhaftigkeit, die
das Porträt unmittelbar neben jenes beste des Meisters, das des Kaspar
Zeller, stellen läßt. Auch in der fein bewegten Figur der Frau Margarethe
offenbart sich im Vergleich zu den früheren Werken ein entschiedener Fort-
schritt. Unzulänglich aber erweist sich wie bei allen vorhergehenden Arbeiten
die Behandlung der gefalteten Hände, die ja gewöhnlich und oft selbst den
tüchtigsten Meistern zu einer unentrinnbaren Klippe werden. Eybenstock
entging der Gefahr, indem er jeder einzelnen Hand eine selbständige
Tätigkeit zuwies.
Die Parallelstellung der beiden ungefähr gleichzeitigen und auch in ihrer
stilistischen Entwicklung verwandten Meister Erhart und Eybenstock läßt
deutlich die Unterschiede in der Kunstanschauung beider hervortreten. In
Eybenstock verkörpert sich die ältere und, wenn man will, auch die alter-
tiimlichere Richtung, die ihren Ausgang geradeswegs über das Porträt
des Abtes Schellenstain in Neuötting, des Geistlichen Johannes Rauchen-
berger in Salzburg, des Abtes Zipfler von Raitenhaslach - um nur einige
zu nennen - auf die I-Ieider Gruppe zurückverfolgen läßtfh" Meister Erhart,
von Haus aus offenbar ähnlich veranlagt wie Eybenstock, löst sich bald
mehr von der Salzburger Richtung I-Ieiders los, stellt sich mehr unter den
Einfluß des Meisters Kastenmayr und gelangt damit zu einem entschieden
fortschrittlicheren Naturalismus, wenigstens im eigentlichen Porträt. Eyben-
stocks Köpfe erscheinen immer etwas iiau und iiachgedrückt, dadurch daß
er das Relieibild sozusagen zwischen zwei Ebenen legt, zwischen den
' Martin Sieghm. Geschichte und Beschreibung der Sud: Suaubing, II (1335), S. 4x. - Riehl, n. a. O.
S. 2x4.
" Winnner, a. a. O. S. 757. -- Riehl, a. a. O. S. 1x3.
w" Vgl. Halm, Hans Haider, a. a. O. S. 452.