Wie sehr unser Urteil über die architektonischen Schöpfungen jener
Zeit allmählich umgebildet und vertieft worden ist, beweist wohl auch die
Schätzung, die man neuerlich dem Gebäude der Technischen Hochschule
von Schemerl von Leytenbach wieder zuwendete, allerdings in jener
Fassung, die es bis vor kurzem hatte, ehe die Fassade durch die Auf-
setzung eines neuen Stockwerkes aus ihrer ursprünglichen Rhythmik
gebracht worden ist. Eine ernste, gute Raumlösung zeigt vor allem der
edel gegliederte Festsaal mit dem gemalten Fries nach dem Entwurf von
Klieber, mit einer Darstellung der mathematisch-technischen Wissenschaften,
in welcher merkwürdigerweise ein Fehler beim Pythagoräischen Lehrsatz
unterlaufen ist.
Auch die alte Universitätsbibliothek (1826) wirkt mit ihrer knappen
Fassadengliederung gegenüber dem modernen Kastenstil in Eisenbeton als
eine fast mustergültige Leistung der vielberufenen Franziszeischen Epoche.
Die schlichte Sachlichkeit aller dieser Baulichkeiten war wohl überlegt,
fern von Dürftigkeit zeigt
sie keineswegs absolute Ab-
kehr von Schmuck, sie
betont das Konstruktive
scharf und ist allem fal-
schen Schein abhold.
Angesichts solcher
Leistungen ist es uns heute
unverständlich, wie Karl
vonLützownochvorlöjah-
ren in unserem Kongreß-
werk die Architektur jener
Tage charakterlos nennen
konnte. Gewiß hat auch
diese Epoche so manches
eigenmächtig zerstört oder
verändert und nichts Besse-
res an die Stelle gesetzt,
wie I-Iofbaumeister Amann
die uns aus alten Stichen
bekannte herrliche Barock-
fassade des Schönbrunner
Schlosses in einen nüch-
ternen Klassizismus umge-
wandelt hat; aber auch er
war sonst ein tüchtiger
Mann, wie seine Fassade
des 1802 in Pest errichteten
deutschenTheaters beweist. Grabdenkmal im Währinger Friedhof in Wien