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Volltext: Monatszeitschrift XVIII (1915 / Heft 1 und 2)

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Der starke Bevölkerungszuwachs nach dem Wiener Kongreß hat der 
Stadt aber auch zahlreiche Zinshäuser gegeben, die jedoch, weit entfernt von 
dem Palastcharakter späterer Tage, einfache Behaglichkeit ausströmten, 
hochstöckige Hausanlagen, welche das Stadtbild nicht störten; man brachte 
sie im Stadtinnern auf den Basteien, angelehnt an die Mauern und Tore an 
oder draußen auf den Glacis, so vor allem am josefstädter Glacis. 
' Ein eigenes Kapitel der 
Franziszeischen Kunst bil- 
det die Friedhofskunst. Wer 
noch im Zweifel wäre, ob 
die heutige oder die Kultur 
vor hundert Jahren höher 
zu bewerten ist, vergleiche 
die Kunst unserer alten und 
neuen Friedhöfe miteinan- 
der. Von den Architekturen 
und Plastiken unseres Zen- 
tralfriedhofes, deren Ge- 
samtkosten mit 200 Millio- 
nen Kronen nicht zu hoch 
beziffert worden sein dürf- 
ten, wird nur wenig den 
kommenden Geschlechtern 
etwas zu sagen haben. Die 
Sparsamkeit und Schlicht- 
heit, die vor hundert Jahren 
auch auf allen Friedhöfen 
herrschte, hat uns fast kei- 
ne prunkvollen Grabmäler 
überliefert; mit den gering- 
sten Mitteln wurde aber viel 
geleistet, Liebe und Gemüt 
spielten hierbei die erste 
Rolle. Das schlichte Grab 
des großen Feldherrn Lau- 
don im Hadersdorfer Park 
von Zauner spricht aus, mit welch einfachen Mitteln man einen Großen der 
Zeit würdig zu ehren wußte. Eine Wanderung durch die Friedhöfe auf der 
Schmelz, in Währing und Döbling, aber auch auf jenen der kleinen Land- 
Städte, wo neben dem Steinmonument noch die gute alte Eisenschmiedekunst 
in trefflichen Grabkreuzen vertreten ist, beweist uns, auf welcher Höhe des 
Empfindens jene Zeit gestanden ist. Totenkultus und Wohnkultur sind der 
beste Gradmesser für den Charakter einer Zeit und nicht die Luxuskunst, die ein 
falschesBild gewährtvon demWesen derMenschen und diesesWesen verdirbt. 
Grabdenkmal auf dem Währinger Friedhof in Wien
	        
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