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Volltext: Monatszeitschrift XVIII (1915 / Heft 6)

den Todes; an ihre Stelle 
trat das kernhafte üppige 
Weib mit vollen runden 
Formen, kraftstrotzend 
in allen Gliedern und voll 
heroischen Mutes, der 
mit fester Hand dem 
Schwert den Weg zum 
Herzen weist (Abb. 3). 
Und so schwärmerisch 
auch die tränenschwe- 
ren Augen zum Himmel 
blicken, keine Wimper 
zuckt, keine Zähre ent- 
rinnt ihnen. Der Ent- 
schluß ist gefaßt, nichts 
wird die Tat hemmen. 
Es liegt etwas von an- 
tikem Geiste in diesem 
Bilde todesmutigerFrau- 
engröße, der sich nicht 
nur aus dem Motiv 
selbst erklärt, sondern 
sich auch trotz der deut- 
schen, fast etwas derben 
Gesinnung des ganzen 
Werkes unverkennbar in seiner Einfachheit und Schlichtheit geltend macht. 
Freilich völlig kann und will sich der Meister nicht aus der Tradition 
losreißen. Mehr noch als das phantastische Kostüm lehrt es uns das 
wirbelnde Untergewand. Aber in der Figur selbst, in den Körperformen, 
dem Doppelkinn, den Falten des vollen Halses, der Betonung der Schulter- 
knochen, den Gruben und Grübchen der Brust und in der kräftig eleganten 
Haltung der rechten Hand mit der wunderbaren Linie des von pulsenden 
Adern übersponnenen Unterarrns fühlt man den Fortschritt, das gesteigerte 
Sehen und die Beherrschung der Formen. Vielleicht steckt noch arn meisten 
in dem Kopfe vom Mittelalter, in dem halbgeöffneten Mund und in den 
hochgezogenen Augenbogen, mit denen der Künstler den seelischen Ausdruck 
zu erreichen suchte. Aber bei dem gleichen Problem versagte noch wenige 
Jahre vorher auch dem Größten die Kraft - Albrecht Dürer in seiner 
Lucretia der Münchener Pinakothek, deren müder Führung des tötenden 
Schwertes gegenüber die Sterzinger Heroine weit mehr den Zug ins Große 
verfolgt. 
Der Frage nach dem Meister des Lusterweibchens ist bisher nur Konrad 
Fischnaler, der verdienstvolle Chronist seiner Vaterstadt Sterzing und vor 
 
Abb. 2. Putto vom Lusterweihchen des Rathauses zu Sterzing
	        
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