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Volltext: Monatszeitschrift XVIII (1915 / Heft 9)

Wesentliche in einzelnen großen l-lauptabschnitten übersichtlich herauszuarbeiten. So 
vor allem die Stilentwicklung der mittelalterlichen monumentalen Glasmalerei, aller- 
dings in der Hauptsache auf deutsche Arbeiten beschränkt, und die in der Renaissance 
erblühende Kabinettmalerei. Für die Geschichte der Maltechnik ist nach wie vor das 
Rezeptbuch des Theophilus die lauterste Quelle, deren Übersetzung durch Ilg, gerade 
vor vierzig Jahren schon in Wien erschienen, den Nachweis erbrachte, daß es sich 
darin um eine Arbeit des deutschen Mönchs Rugerus im hessischen Kloster I-lelmers- 
hausen aus der Zeit um uoo handelt. Von den gewaltigen Prophetengestalten des 
Augsburger Domes aus der Mitte des XI. bis zu den schönen Passionsdarstellungen 
des Klosters Königsfelden aus dem ersten Viertel des XIV. Jahrhunderts und den 
meisterhaft gezeichneten Ulmer Münsterarbeiten des vielbeschäftigten Meisters Hans 
Wild von 1480 _ dessen Hand sich auch bei einigen in Salzburg befindlichen Scheiben 
feststellen läßt - sieht man die Ausbildung der örtlichen Überlieferung und den 
Zusammenhang mit dem Bauwerk einerseits und der Malerei andrerseits, insbesondere 
der Miniatur, vor sich ausgebreitet. 
Für das ausgehende Mittelalter und die wesentlich geänderte Art des Kunstbetriebes 
der neuen Zeit ist dann die mittelbare oder selbst persönliche Teilnahme der führenden 
Künstler maßgebend. Die Glasmalerei beschränkt sich da nicht mehr auf die Übertragung 
fremder Vorbilder, auch nicht allein auf die Verwertung der Stichvorlagen des Meisters 
E. S., Schongauers, Dürers, sondern zieht die Maler selbst - I-Iolbein, Burgkmair, 
Nikolaus Manuel Deutsch, Jan Pollack - in ihren Bann und veranlaßt sie, sich eigenhändig 
darin zu betätigen. Sie dient nun nicht mehr allein der Kirche, sondern entfaltet besonders 
in der Schweiz, durch die schöne Sitte der Fensterschenkungen begünstigt, ein neues Leben 
in Rats-, Wohn-, Wirts- und Gildestuben. ' 
Erst dem XVllI. Jahrhundert war es vorbehalten, die Zeiten für barbarisch zu erklären, 
die gotisch gebaut und auf Glas gemalt hatten. Die Romantik des XIX. Jahrhunderts hat 
aber sehr bald den schnöde vernachlässigten Kunstzweig, man kann nicht sagen zu neuer 
Blüte, aber doch zu frischem Grünen gebracht wobei Österreich sich rühmen darf, voraus- 
gegangen zu sein, und mit der Kunstverglasung des XX. Jahrhunderts wird an die besten 
Grundsätze mittelalterlicher Kunsterfahrung angeknüpft. Gottlob Samuel Mohn und Anton 
Kothgasser haben schon im ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts in Wien die Wieder- 
belebung der alten Überlieferung versucht. J. L. Fischer erwähnt diese Versuche nicht 
und übersieht in dem Abschnitt, der der Glasmalerei des XIX. Jahrhunderts gewidmet ist, 
auch den Anteil Österreichs, wie er sich, den gleichzeitigen übrigen Leistungen andernorts 
völlig ebenbürtig, in den Arbeiten Führichs, Steinles, Trenkwalds für die Wiener Votiv- 
kirche und in den Bemühungen C. Geylings in Wien und der Tiroler Glasmalerei aus- 
gesprochen hat. Auch sonst macht sich der bedauerliche Mangel einer zusammenfassenden 
Vorarbeit über die österreichische Glasmalerei bemerkbar. Es fehlt bei Fischer nicht an 
kurzen Hinweisen auf die wertvollen alten Fenster von Heiligenkreuz, Salzburg, Karlstein, 
Krakau, Ungarn und die neuen Arbeiten von Czeschka in Hamburg, Mehotfer und 
Wyspianski in Krakau, Sandor Nagy und Kernstock in Budapest. Aber die wichtigen 
Scheiben von St. Stephan in Wien, Klosterneuburg, Laxenburg, Graz, Friesach, Steyr und 
anderen Orten sind nicht gewürdigt. Der Meister Eberhard, der mit seinem Sohne Alhart 
in Klostemeuburger Urkunden zwischen 1291 und x33: nachweisbar ist, wird von Fischer 
irrtümlich nach Heiligenkreuz versetzt. Auch ein genauer eingehendes Sach-, Orts- und 
Namensverzeichnis - das dem Werke beigegebene enthält manche Lücken - hätte sich 
gerade bei einem Handbuche, das zu raschem Gebrauche einlädt, empfohlen. Doch soll 
dadurch der Wert der Arbeit nicht unterschätzt werden, die sich überdies bemüht, das 
Glasgemälde auch als Sammelgegenstand, seine Prüfung auf Echtheit, seine Erhaltung 
und Wiederinstandsetzung ins rechte Licht zu setzen und eine umfassende Literatur- 
angabe bietet. Überdies ist die ungemein reiche bildliche Ausstattung sehr zu begrüßen. 
Julius Leisching (Brünn)
	        
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