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ERMANN MUTHESIUS, „DIE ZUKUNFT DER DEUTSCHEN
F ORM"."' In einer Folge von Flugschriften über den deutschen Krieg, welche von
Ernst jäckh herausgegeben wird, hat Hermann Muthesius in seiner klaren und weit-
blickenden Art die Frage der Zukunft der deutschen Form erörtert. Für alle künstlerisch
empiindenden, der Kunst nahestehenden Menschen ist diese Angelegenheit eine eminent
wichtige, zum Nachdenken drängende geworden, sobald die allgemeine Lage, die Folge
der großen Ereignisse das tatsächliche Kraftverhältnis deutlicher enthüllte und die Erregung
der Kräfteanspannung durch großartige Erfolge in eine größere Zukunftsfreudigkeit eingelenkt
wurde. Je deutlicher die Schwächen früherer deutscher Lebensführung erkannt werden - und
die Vernachlässigung des repräsentativen Auftretens wie der eigenen künstlerischen Form
gehört zu diesen deutschen Schwächen-, je klarer die vorhandenen glücklichen Vorarbeiten
zur Entwicklung einer neuen, den hochgespannten Leistungen der Zeit angepaßten
deutschen Form betont und erkannt werden, desto aussichtsvoller werden diese Bestre-
bungen später zum Ziele führen. Man fühlt in Deutschland die hohe Verpflichtung, welche
ein führendes Volk übernimmt, und Muthesius zeigt, wie unerläßlich die führende Form
zurVollendung und Befestigung der geistigen und politischenVormachtstellung stets war und
sein wird. Muthesius ruft den deutschen Organisationsgeist an, die zweifellos vorhandenen
Talente und Kräfte zur Erfüllung dieser Aufgaben heranzuziehen und durch allgemeinste
Förderung zu unterstützen. Mit der politischen Zurückdrängung der Fremdherrschaft muß
die Ausschaltung der fremden Form Hand in Hand gehen und der in großartigem Anlauf
bereits betätigte Wille zur neuen Form muß das prächtige Gelingen, das ihm auf vielen
Gebieten der Architektur und des Kunstgewerbes bereits beschieden war, in die mannig-
faltigen und weit verzweigten Aufgaben des Lebens und der Kunst weiter vorwärts tragen.
Zu den zielbewußten Sätzen der Flugschrift, die vieles aussprechen, was alle der
neuen Kunstentwicklung Vertrauenden in diesen großen, neue Entwicklungen anbah-
nenden Zeiten lebhaft wünschen, muß nur noch die für Österreich-Ungarn geltende Er-
gänzung hinzugefügt werden.
Wie die stärksten Impulse zur Anbahnung der eingetretenen neuen formalen Ent-
Wicklung auf dem Boden der verbündeten Donaumonarchie die größte Förderung durch
starke Talente fanden, so wird auch in Hinkunft der enge Zusammenschluß, die Wechsel-
wirkung und gegenseitige Befruchtung notwendig sein.
Die gemeinsame Arbeit, welche heute dem politischen und militärischen Gang der
Ereignisse unerläßlich nötig ist, wird auch der künstlerischen Formgebung, welche die
herrschende werden soll, nicht fehlen dürfen. In diesem Sinne ist der Begriff „deutsche
Form" zu erweitern, wenn es auch momentan schwer ist, den geeigneten sprachlichen
Ausdruck für diese gemeinsame Arbeit prägnant zu gestalten.
Tatsächlich ist ja die Kunst nie an Staatsformen gebunden, von Staatsgrenzen
abhängig gewesen, wenn auch nationale Eigenschaften, Temperamente, Traditionen bei
der Entwicklung der Form stets eine Rolle spielten. Das gemeinsame Ziel, der neue künst-
lerische Aufschwung, welchen das Schicksal den europäischen Zentralmächten gönnen
möge, wird daher auch künftig nicht von politischen Grenzen beengt bleiben. H. F.
ELIX PO PPENBERGT. Am 28. August starb in Berlin der Kunstschriüsteller
Dr. Felix Poppenberg, der seit dem jahre 190i ständiger Berichterstatter über Berliner
Kunstausstellungen für unsere Zeitschrift war. Der Verstorbene hat ein Alter von nur
44 Jahren erreicht.
DEUTSCHES LAND UND DEUTSCHE ART VON HANS THOMA."
Durch die zeitgenössischen Kunstblätter des Breitkopf und Härtelschen Verlages,
der vor mehr als 20 Jahren unter den Ersten war, die für Thoma eintraten, sind mehr als
i" Deutsch: Verlagsanstalt, Stuttgart-Berlin.
u" Druck und Verlag von Breitltopf und Hänel.