Der Zusammenhang zwischen dem Krakauer Silberaltar, sowohl was
die Reliefs als die gemalten Teile betrifft, mit Albrecht Dürers Kunst wird
aber noch fester, wenn man den Kreis enger zieht, und von den graphischen
Blättern, die ja schließlich weitverbreitet waren, sich auf diejenigen Werke
des Meisters zurückzieht, die nur den intimsten Freunden und Mitarbeitern
bekannt waren, welche in seiner Werkstatt als Vertraute ein- und aus-
gingen; ich meine die Handzeichnungen. Und da ist in erster Linie bedeut-
sam die „grüne Passion" der Wiener Albertina. Es ist sicher kein Zufall, daß
wir die beiden von rückwärts gesehenen Figuren auf der Kreuzigungs-
plakette (Vöge 7x2), Johannes nämlich, der die Maria stützend um die Hüfte
faßt, übrigens eine ganz eigenartige und charakteristische Gruppe, auf dem
entsprechenden Blatt der „grünen Passion" wiederfinden.
Bei der Komposition der Plakette mit der Gefangennahme Christi hat
ihrem Meister das Blatt mit derselben Darstellung aus der „grünen Passion"
vorgelegen oder er hat sich früher einige Stellungsskizzen nach demselben
einmal notiert, die er jetzt benutzte. Das läßt sich an den Figuren Christi und
des judas beim Judaskusse, und an der Stellung des temperamentvollen Petrus
beobachten; sogar die aus dem wilden Gedränge herausragenden Silhouetten
der Fackel und des geschwungenen Strickes, der zur Fesselung des Herrn
dienen soll, kehren wieder.
Ebenso deutlich wahrnehmbar ist die Beeinflussung der gemalten Pas-
sionsszenen auf dem Krakauer Altar durch die „grüne Passion". Der dicke
Kerl mit der Kapuze, der Christus dem Pilatus vorführt und den wir auf dem
Bilde mit Christus vor Hannas wiederfinden, ist zweifellos der „grünen
Passion" (Schönbrunner-Meder, 95 und 98) entnommen. Beth, der übrigens
den Dicken als einen „immer wiederkehrenden Lieblingstypus des Malers"
bezeichnet, weist auch auf den Stich Dürers (B. 7) aus der „kleinen Passion"
hin, wo sein charakteristischer Kopf gleichfalls vorkommt.
Ferner lassen sich mehr oder minder verwandte Details bei der „Kreuz-
tragung" beobachten. Übrigens kommt selbst der Baldachin mit den Quasten,
der auf dem Bilde Hans Dürers über Herodes hängt, genau so in der „grünen
Passion" (Christus vor Kaiphas, Schönbrunner-Meder, 151) vor, und schließlich
sei noch die Übereinstimmung der Architekturelemente erwähnt, und zwar
sowohl auf der „grünen Passion" wie bei den Silberreliefs und den Passions-
bildern Hans Dürers, nämlich das gerade Gebälk mit darüberliegenden
Tonnen- und Spitzbogengewölben, die Säulen mit fiachgedrückten Voluten
und Akanthuslaub, die rundbogig abgeschlossenen Wandnischen und endlich
die rundbogigen Fensteröffnungen.
Es ist zu resümieren. Die Plaketten der Passionsszenen, von denen uns
Bleigüsse sowie Kopien in Silber und Zinn vorliegen, weisen unleugbaren
stilischen Zusammenhang mit den Reliefs des Krakauer Silberaltars auf, die
nach der Zeichnung (Visierung) Hans Dürers in gemeinsamer Arbeit vom
I-Iolzschnitzer, Rotschmied und Goldschmied ausgeführt wurden. Es ist
somit die Annahme berechtigt, daß auch die „Visierung" zu den Passions-