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Volltext: Monatszeitschrift XVIII (1915 / Heft 11)

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arbeit verfertigt hat. Der Umstand, daß Känischbauer für das Modell bezahlt 
wird, allein zwingt allerdings noch nicht zu der Annahme, daß auch der 
ursprüngliche - vielleicht nur zeichnerische - Entwurf von ihm herrühren 
müsse; denn oft lagen in früheren Zeiten (und liegen heute noch) plastische 
Modelle zwischen dem ersten Entwurfe und der eigentlichen Ausführung. 
Jedenfalls haben wir in diesem Fall aber nicht an den künstlerischen Entwurf 
eines dritten, hier ungenannten, Künstlers zu denken; sonst könnte es 
kaum heißen „inventiert und gemacht" von Stegner und Känischbauer. 
Dagegen müssen wir bei dem auf die reichste Steinwirkung angelegten 
Werke wohl an eine wirklich gemeinsame Tätigkeit der beiden Genannten 
denken; denn wer einmal mit solchen Dingen näher zu tun gehabt hat, 
weiß, welch ungewöhnliche Erfahrung dazu gehört, sich Steinwirkungen 
von vornherein richtig vorzustellen. Man darf hier also auch die Tätig- 
keit des Juweliers beim ursprünglichen Entwurfe nicht zu gering ein- 
schätzen. 
Ein weiteres Werk Känischbauers ist dann die berühmte Monstranz 
von Klosterneuburg. Wir haben ihrer schon in der vorliegenden Zeitschrift 
in einem Bericht über die Düsseldorfer Ausstellung vom Jahre 190g gedacht? 
Bei dieser Arbeit rührt, wie List in einem Aufsatz in den Berichten und 
Mitteilungen des Wiener Altertumsvereins" und besonders in dem Werke 
über die Goldschmiedearbeiten in Klosterneuburgwi eingehend auseinander- 
setzt, der Entwurf von Mathias Steinl (oder Steindl) her.1' Der Vertrag des 
Prälaten von Klosterneuburg mit Känischbauer ist vom 9. August 1710 
datiert; es heißt darin ausdrücklich, Känischbauer habe das Werk „dem 
ihme durch Herrn Mathias Staindl vorgegebenen riss und modell nach" zu 
verfertigen. 
Die Monstranz ist als eine Gabe zur Feier des öoojährigen Bestandes 
dieses ehrwürdigen Stiftes, die in das Jahr 1714 iiel, gedacht und bringt 
darum die bekannte Gründungssage, die Geschichte vom Schleier der 
Gemahlin Leopolds des Heiligen, zur Anschauung (Abb. 4). 
Ein späteres Werk Känischbauers aus dem Jahre 1717, das sogenannte 
„Goldene Kindl", wurde im Auftrage Kaiser Karls VI. nach dem Tode seines 
Söhnchens Leopold als Weihgabe für Mariazell ausgeführt; leider mußte 
es während der Franzosenkriege eingeschmolzen werden-H- 
Nach SchlagerT-H- rührte das Modell von dem berühmten Bildhauer 
Lorenz Matielli her, der hiefür und für das Modell zu einem Altarkreuze 
xooo H. erhielt. Auch dieses wurde übrigens nach Schlager durch Känisch- 
" „Kunst und Kunsthandwerk", XII (xgng), Seite 425 H. 
H" Seite x58. 
v" Tafel XXVIII b und Text dazu. 
1- Vgl. auch die Arbeit von Dr. Wolfgang Pauker über Mathias Steinl im Jahrbucbe des Stiftes Kloster- 
neuburg, lI. Band, Seite 32x lT. 
H Die Vorgeschichte dieser Weihgabe findet man ausführlich bei P. Berthold Sternegger „Sechstes 
Jahr-Hundert der zu Mariarn nach Zell in Steyermark angefangenen Wallfahrt". Maria-Geil, bey Joh. Adam 
Holzmayr (1757), Seite 325 B". 
H1- „Georg Raphael Donner" (Wien, m53), Seite 3c; vgl. desselben „Materialien" Seite 83.
	        
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