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Volltext: Monatszeitschrift XVIII (1915 / Heft 3 und 4)

Die Vorderfront liegt im weitem Halbkreis vorgebuchtet, geteilt durch sechs Riesen- 
säulen, durch die im Untergeschoß die fünf Eingangstiiren bestimmt werden. Im Ober- 
geschoß werden von ihnen (ähnlich wie beim l-Iebbel-Theater) die Pfeilerfenster aus 
Kathedralglas gefaßt, die die herausgewölbte Vorderwand vom Erfrischungsraum des ersten 
Ranges, oder wie es hier heißt des ersten Rings bilden. Zwischen dem Abschlußgesims 
darüber und dem Kupferdach ragen freistehend archaische Frauengestalten von Metzner. 
Die Rückfront zeigt sich auch herausgerundet, und sie folgt damit organisch der 
Rondoführung des hinter ihren Mauern aufgeführten massiv gemauerten Kuppelhorizontes. 
Und dieser Halbrundbau, der in Etagenteilung die Garderoben enthält, wird zusammen- 
fassend von hochgezogenen viereckigen Pfeilerhäusern flankiert, in denen die Werkstätten 
sich befinden. 
Beim Eintreten in den Vorilur fällt als charakteristisch ein Wandschmuck auf, der 
ganz natürlich auch eine Nützlichkeitsfunktion ausübt. In der Putzwand heben sich 
wirkungsvoll dunkle, dreieckige, durchbrochene Bronze-Zierate heraus und sie dienen der 
Heizung. An den Querbalken der Decken haften wagrechte Figuren von Metzner. Sie 
verraten aber ihre ursprüngliche senkrecht strebende Tendenz und sind nicht glücklich. 
Eingefügt sollen hier noch die Bildnisreliefs zweier um die gute Sache dieser Volks- 
kunststätte hoch verdienter Männer werden, Bruno Willes und des zu früh abberufenen 
Josef Ettlinger. 
Der Zuschauerraum zeigt die stärkste von Kaufmanns Künsten, die meisterliche 
Gestaltung in edlem Holz, in Hammigem Mahagoni, das als kehliger Rahmen den Bühnen- 
ausschnitt einfaßt, die schalleitenden Proszeniumwände bekleidet (schwarze Birnbaum- 
Vignetten mit lastenden Architekturfiguren von Metzner akzentuieren sie) und die 
Brüstungen der drei Ränge warm lebendig leitet in einer die harten Winkel weich aus- 
gleich enden Viereckführung. 
Gut steht das Grau des rippigen Cords auf den Polstersitzen dazu und die schwarze 
ziervolle mit planetarischen Ornamenten durchbrochene Decke, die die Proszeniumwände 
oben abschließt und wieder ein gleichzeitig schmückendes Nutzrequisit ist, denn ihr Gitter 
dient der Entlüftung. Weniger gelungen scheint die helle Hauptdecke mit ihrer bunten 
malerischen Felderung von Unger. 
Größte Bewunderung aber verdient die außerordentliche Proportionslösung des 
Raums. Das Haus des Volkes hat fast ebensoviel Plätze wie das Charlottenburger Opern- 
haus. Doch wirkt es selbst unbesetzt, so wie wir es bei der Vorbesichtigung kennen lernten, 
durchaus nicht uferlos, gähnend, voll kalter Leere. Im Gegenteil es stellt sich gefügt, 
zusammengeschlossen und bei aller Größe von einer gewissen Intimität vor. 
Die äußeren Umgänge zeigen dem durch die Holzverkleidung verwöhnten Blick in 
farbigem Wandanstrich - dütenblau und verwaschen pompejanisch mit geblümelter 
Decke _ manch Anfechtbares. Schön ist dafür ein Belichtungsmotiv: ein Stuckfiligrangitter 
vor einem Kathedralglasfenster. Und Kaufmanns Lieblingsmaterial lebt sich dann noch 
einmal in der Erfrischungshalle des ersten Ranges aus mit dem vollen Klang hellgelb 
seidigen Zitronenholzes zu schwarzem Birnbaum. Aus ihm sind die kurzboldigen, rundlich 
knaufigen, an Buddahüguren erinnernden Metznerschen Abschlußgestalten auf den Pfosten. 
Und diesen dunklen Ton nehmen auch die Kronleuchter auf mit ihren gleich Fontänen- 
schalen übereinanderliegenden durchbrochenen Eisentellern, die milchige Beleuchtungs- 
körper tragen. Und dabei kann man an die alte Spezialität aus Berlins Eiserner Zeit denken, 
da Gold und Silber dem Vaterland geopfert und statt dessen aus dem unscheinbaren 
Kanonenmetall ernster und edler Schmuck von der königlichen Gießerei hinter dem 
Kastanienwäldchen hergestellt wurde. Und das edelste ward Schinkels Eisernes Kreuz. 
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Immer wieder lockt es, eine Gelegenheit zu benutzen, um den Blick hinter die Kulisse 
zu tun, ins Innere dieser Natur und nach ihren technischen Geheimnissen zu spähen. Das
	        
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