XVIII. Jahrhunderts in Wien eine Samt- und Seidenstoffabrik errichtete; sie
wurde spÀter von dessen Witwe, danach von dem Handelsmann Kritsch
und wenig spÀter von dem Fabriksdirektor Christian Gottlieb Hornbostel
(x774) ÃŒbernommen, einem Predigersohne aus Hamburg. Auch Hornbostel
erhielt noch eine staatliche UnterstÃŒtzung? Diese Fabrik nahm unter Kaiser
Josef II. auÃerordentlich an Bedeutung zu; schon vor dem Jahre 1790 hatte
sie 200 StÃŒhle im Betriebe." Wir werden dieses Unternehmen, das ÃŒbrigens
bis zum Jahre 1890 fortbestand, noch wiederholt erwÀhnen mÌssen.
In den zehn, zwölf Jahren, die dem SiebenjÀhrigen Kriege folgten, wurden
in Wien zahlreiche Fabriksneubauten errichtet; die Seidenwarenerzeugung
unserer Stadt hat sich in dieser Zeit mehr als verdoppelt. Das Jahr 1775
brachte dann allerdings eine schwere Krise, die durch den hohen Seidenpreis,
von dem wir hören, nur zum Teile erklÀrt wird.
Die frÃŒher erwÀhnte QualitÀtenordnung, die schon wiederholt zu MiÃ-
helligkeiten Anlaà gegeben hatte und den Forderungen und Gewohnheiten
der Zeit nicht mehr entsprach, wurde in den Jahren x77o und 1774 geÀndert
und im Jahre 1782 aufgehobenif"
Wie schon Keeà hervorhebtj- war das Zeitalter verschwunden, âwo
das Brautkleid der GroÃmutter noch zum festlichen Anzuge der Enkelin
diente. Nun wÃŒnscht man", heiÃt es weiter, âlieber um denselben Preis zwey
Kleider zu haben, als eines aus jenem dauerhaften StoHe." Es hing dies aber
mit dem ganzen Wandel der Lebensformen und der Kunstauffassung zu-
sammen. Es begann das Zeitalter rasch wechselnder Moden, die den Stoff-
erzeugern wohl Vorteil, aber auch manche Beschwer einbrachte. Wir haben
schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, daà selbst die Lyoner Fabrikanten
ÃŒber den allzu raschen Modewechsel zu klagen Ursache fanden.
Gerade dieser rasche Wechsel drÀngte aber auch auf VerÀnderungen
in der Webeeinrichtung, die uns im weiteren noch beschÀftigen werden.
Zugleich lieà diese Zeit die groÃgemusterten Stoffe in den Kleidern
beinahe völlig, aber auch in den Wand- und Möbelbespannungen gröÃten-
teils, verschwinden und begÃŒnstigte andrerseits die bedruckten Stoffe und
Papiertapetenj-j-
Wir haben bereits viel von EinfuhrbeschrÀnkungen oder Verboten
gehört; in der letzten Zeit Maria Theresias war man in dieser Hinsicht aber
weniger streng gewesen. Erst unter Kaiser Josef wurde die Schutzpolitik
' Helene Deutsch, Seite x04 und 105. Keeà (IIfx, Seite 301) bietet eine etwas andere Entstehungs-
geschichte; doch befindet er sich hier wohl im Irrtum.
n KeeÃ, II'x, Seite 30x.
v" Ãber Streitigkeiten mit Hebenstreit und Hornbostel siehe Helene Deutsch, a. a. 0., Seite 94 und x05.
Zur QualitÀtenordnung von x77o siehe KeeÃ, Ilfx, Seite 304 f., und Bujatti, Seite 53 H. AllmÀhlich wurde
auch die Frauenarbeit in der Seidenweberei in gröÃerem Umfange gestattet (Helene Deutsch, Seite x07, womit
aber die AusfÃŒhnmgen auf Seite x28 in Widerspnich zu stehen scheinen).
1- IIfx, Seite 307.
H Ãber den starken Wettbewerb der Papiertapeten siehe Dernian im "Archiv fÃŒr Geographie und Statistik
(herausgegeben von J. M. Freih. v. Liechtenstem) fÃŒr das Jahr 1804". Wien (Seite 133). Vgl. auch die Ein-
leitung (von Eduard Leisching) zum Kataloge der "Ausstellung der österreichischen Tapeterv, Linkrusta- und
Linoleum-Industrie (im k. k. Ãsterreichischen Museum fÃŒr Kunst und Industrie), Wien 1913.