MAK

Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Galizien

46 
Schloßberg (Franz Josefsberg) obenan, eine hochgelegene schattige, für Fußgänger und 
Fahrende eingerichtete Promenade. Von der Südseite des Schloßberges ist Lemberg aus 
der Vogelschau zu überblicken, von Norden aus schweift das Auge über eine weite 
Ebene mit aus Baumgruppen gleichsam wie aus riesigen Büschen hervorblinkenden 
Dörfern und Gehöften, mit wogenden Saatenfeldern und grünen, in blauer Ferne ver 
schwimmenden Auen. Es ist die Lemberger Campagna; sie ergötzt das Auge des Städters 
mit ihrem friedlich idyllischen Reize, aber einst hat sie von derselben Stelle aus der 
bewaffnete Bürger oft mit bangem Blicke überschaut, um nach den Staubwolken zu 
spähen, die unter den Hufen der Tataren- und Kozakenpferde hoch anfwirbelten, oder die 
unheimlich warnenden nächtlichen Lagerfeuer des belagernden Feindes zu zählen, welcher, 
nach dem Ausspruche des Lemberger Dichters ans dem XVII. Jahrhunderte, die „bleiche 
Ceres" aus diesen Gefilden so oft zu vertreiben pflegte. 
Das Land. 
Die podolische Hochebene. — Die Steppe! ..... Hurrah! Die Steppe! . . . . 
Unwillkürlich wiederholt man diesen Ausruf, mit dem einst die aus der weiten Welt mit 
reicher Beute zurückkehrenden Reiterschaaren bei klingendem Spiel und fliegenden Fahnen 
die heimatlichen Steppen begrüßten, wenn man im äußersten Nordosten unserer Monarchie 
längs der russischen Grenze wandert. 
Ja die Steppe!... Wer beschreibt den Zauber dieser endlosen, blumengeschmückten 
Fläche? Wer schildert das Gefühl, das unser Herz rascher schlagen macht und uns Flügel zu 
verleihen scheint, wenn wir hoch zu Roß vom warmen Lichtmeer umflutet in die klafter 
hohen, duftenden Gräser hineinreiten? Der sanfte Hauch vom Pont-Euxin, der um unsere 
Schläfe spielt und dem Schilfrohr in dem benachbarten Sumpf ein geheimnißvolles 
Rauschen entlockt, flüstert uns in das Ohr Geschichten ans längstverklungenen Zeiten. 
Ja früher hat die Steppe anders ausgeschaut! Heutzutage ist sie nur in unbedeutenden 
Resten zurückgeblieben, da der Pflug des Laudmanns die lieblichen Töchter der Flora 
unerbittlich vernichtet, um den goldenen Wogen des üppigen Getreides Platz zu machen. 
Die Menschen waren auch anders. Es ist eine schreckliche, mit Feuer und Blut geschriebene 
Geschichte, die diese friedlichen Steppen besitzen. Sind wir doch in der Nähe des „schwarzen 
Pfades" 82lalr, auf dem jahrein jahraus wilde, blutdürstige Horden zogen, um in 
den Culturländern des Westens zu plündern, zu sengen und zu morden! Weit über Polen 
hinaus kamen sie jedoch nie. Dieses Bollwerk der abendländischen Cultur konnten sie nie 
vernichten. Aber wie viel Blut hat das gekostet! Die zahlreichen Grabhügel, denen wir 
auf unserer Wanderung begegnen, bergen die morschen Gebeine der Helden, die als 
Vaterlandsvertheidiger den heimatlichen Boden mit ihrem Lebenssäfte düngten ....
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.