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zugleich sich einer reineren Kunstart zugewendet. Wir gehen noch weiter. 
Wir richten unsere Augen, statt auf das siebzehnte Jahrhundert oder auf 
die erste Hälfte desselben, auf das sechzehnte Jahrhundert, wir streben 
wenigstens uns an die reine Renaissance zu halten, ohne indess die frü 
here Barockzeit zu verschmähen, welche in der Möbelconstruction viel 
leicht glücklicher war als in der Architectur, jedenfalls uns eine grosse 
Zahl mannigfacher und verwendbarer Motive überliefert hat. 
Das ist ohne Zweifel der Stand der Dinge, wie ihn die Weltaus 
stellung in Wien uns vor Augen geführt hat. Die Tendenz des Geschmacks 
in der Möbelfabrication, den Sitzmöbeln wie den Standmöbeln, geht un 
verkennbar den verschiedenen Formen der Renaissance zu und um so be 
stimmter, je mehr das Kunstgewerbe eines Landes sich von der französi 
schen Herrschaft zu lösen trachtet. Indess ist Frankreich keineswegs da 
von ausgenommen, viel eher noch auffallender Weise England, dessen 
Geschmack in den Möbeln da, wo er mit der Mode zerfallen ist, sich vor 
zugsweise mittelalterlichen Motiven zuwendet. 
Diese Tendenz des Geschmackes konnte man der Ausstellung aller 
Länder absehen, so viel Eigenthümliches, so individuelle Züge auch ein 
jedes darbieten mochte. Neben Frankreich nahmen Belgien, Holland, Ita 
lien, Dänemark, Schweden u. s. w. Theil daran, ganz besonders aber 
trat der Zug zur Renaissance in der Möbelindustrie Deutschlands wie 
Oesterreichs hervor. 
So klar und ausgesprochen aber auch diese Neigung vor Augen lag, 
so zeigte sich andererseits auch in der Willkür, in der mangelhaften Con- 
struction und vielen anderen fehlerhaften Dingen die Unbekanntschaft mit 
den Formen, mit dem, was wirklich im Geist und Wesen des Styls lag; 
den man bewusst oder unbewusst imitirte. Das Studium guter Vorbilder, 
wirklicher Arbeiten des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts, er 
schien als eine Nothwendigkeit, als das eigentliche und rechte Mittel, 
zum erstrebten Ziele zu kommen. 
Unter diesen Umständen ist die Special-Ausstellung alter Möbel, wie 
sie das Oesterr. Museum ausserordentlicher Weise für diese Sommer 
monate veranstaltet hat, als eine That zu betrachten, die in eminentem 
Sinne zeitgemäss ist. Die Kunstfreunde Oesterreichs und Wiens insbe 
sondere, die stets in nicht genug anzuerkennender Weise bereit gewesen 
sind, die Bemühungen und Bestrebungen des Museums zu unterstützen, 
haben auch diesmal ihren Besitz mit gleicher Bereitwilligkeit zur Ver 
fügung gestellt. Mit ihrer Hilfe oder vielmehr durch sie allein ist eine 
Ausstellung zu Stande gekommen, welche gleich lehrreich ist dem Kunst 
freunde wie dem Künstler, dem Industriellen, dem Gewerbsmann aui 
welche letzteren es vor Allem abgesehen war — gleich lehrreich und Ge 
nuss bringend durch die Schönheit der Gegenstände wie durch ihre Ori 
ginalität und Mannigfaltigkeit.
	        
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