die „nach Gestaltung ringen und mit dem Menschen komponieren", ist keiner, der auch
nur einen Schritt vorwärtskäme. Sie alle eklektisieren aus allen Zeiten, nur Hettner möchte
ernstzunehmen sein; doch fürchtet man, daß er eines Tages von dem Koloß, seinem
Vorbild Michelangelo erschlagen werden könnte. Auch Walter Bondy, der einst soviel
versprach, droht, einem Rachen Eklektizismus zu verfallen, aus dem die Stimme Ingres
am stärksten sich vernehmen läßt, so daß man bei dem guten Kopf im Bildnis des Geigers
Louis van Laar an das Wort von Ingres über ein gutes Porträt mit einem Schuß von
Karikatur denken muß. .
Und nun noch zu den „alten Herren" der Sezession, deren historische Bedeutung die
Zeit nicht deutlicher aussprechen kann als durch das Interesse an ihren früheren Arbeiten.
Man vermißt eigentlich schon das Buch „Der junge Liebermann". Wenn auch nicht alles
von gleichem Wert ist und manches damals wirklich noch Lerngegenstand war, so haben
diese frühen Bilderstudien Liebermanns unser ganzes Interesse. Ja es gibt dort, wie in
der „Wäscherin" mit der Harmonie von Grau, Braun, Schwarz, Erlebnisse, die später
gesprächiger und fließender ausgetauscht wurden, nicht aber allemal so harmonisch.
Von Trübner zeigt eine Sammlung letzter Arbeiten, daß er einen bewußten Anschluß
an seine früheren Arbeiten sucht, die ebenfalls historisch geworden sind. Die gläserne Kälte
seiner Farben bindet sich wieder in warme tonale Harmonien. So wächst das Interesse an
diesen Lebenden schon retrospektiv und rückt sie an die heran, von denen sie einst aus-
gingen. Neben Thoma, Böcklin, mit seinem großartigen „Kentaurenkampfä Oberländer,
Schwind geht es weiter über Goya bis zu Cranach. Das Vorwort will damit kein eigent-
liches Programm aufstellen, wahrt sich aber vor dem Vorwurf des Wahllosen. „Wir er-
innern nur daran, daß die Kunst über das geistige Empfinden der Jahrhunderte und Völker
eine Brücke schlägt und daß echte Kunst, so verschieden sie sich auch äußert, zu allen
Zeiten aus dem gleichen Geiste geboren wurde." Ich will hier nicht mit dem Verfasser
dieser Vorwortzeilen über Geschichtsphilosophie streiten. Der gleiche Geist in allen Zeiten
gibt aber sehr zu denken. Daß aber alte Werke zweiten und dritten Ranges, auch wenn
sie äußerlich eine Verwandtschaft mit modernen aufweisen, in der Ausstellung zeitgenös-
sischer Kunst am Kampfplatz lnur herumstehen, wird der Jugend hoffentlich bald zur
Einsicht kommen. Wilhelm Kurth
ERLIN. DER NEUBAU DER KONIGLICHEN PORZELLAN-
MANUFAKTÜR. DerNeubau der königlichen Porzellanmanufaktur inderWegely-
straße geht seiner Vollendung entgegen. In dem neuen, schmucken Gebäude, das den Ein-
gang zum Grundstücke der Manufaktur bildet, werden die neuen, ausgedehnten Verkaufs-
räume geschaffen, doch bleiben die altbekannten in der Leipziger Straße nach wie vor
bestehen. Bisher konnte man in der Wegelystraße außer dem Nutzporzellan, dem Tafel-
geschirr und dem technischen Porzellan nur die unmodern gewordenen und beschädigten
Kunstwerke kaufen. Die Entwicklung der königlichen Porzellanmanufaktur, die auch im
Kriege keinen Stillstand erfahren hat, machte es aber notwendig, den Verkauf der sämtlichen
Erzeugnisse unter einem Dache zu vereinigen. In dem neuen Hause, das mit einem Kosten-
aufwand von mehr als 3oo.ooo Mark trotz aller durch den Krieg bedingten Schwierigkeiten
jetzt errichtet worden ist, hat man auf jeden Prunk verzichtet, um desto besser Formen
und Schönheiten des Porzellans zur Wirkung zu bringen. Die weißen Wände zeigen
Bemalung im Empirestil, auch die Tische und Schränke sind ganz in Weiß gehalten. So
macht das Innere des Hauses einen vornehmen und freundlichen Eindruck. Zum Verkauf
der Kunstgegenstände ist das Erdgeschoß bestimmt, für den Verkauf des Tafelgeschirrs
dient das erste Stockwerk. Im zweiten Stockwerk wird eine umfangreiche keramische
Sammlung untergebracht werden. Alte und moderne Keramiken sollen hier ausgestellt
werden, um den Künstlern der Manufaktur zur Anregung zu dienen. Ein kleines „keramisches
Museum", das ständig erweitert werden wird und das auch der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht werden soll, wird also hier entstehen.